Ganztägige Betreuung eröffnet Vereinen neue Chancen

Der Sport hat ein Problem. Das Vereinswesen wird immer noch gern mit einem herablassenden Lächeln bedacht. Dabei sind es heute gerade die Sportklubs, die mit ungewöhnlicher Rasanz auf gesellschaftliche Veränderungen reagieren. Das zeigen ein paar Beispiele aus Hamburg: Vor 15 Jahren eröffneten die ersten Vereine ihre eigenen Fitnessstudios in Konkurrenz zu kommerziellen Anbietern, vor zehn Jahren entstanden in den Klubs die ersten Kindergärten, vor acht Jahren gründeten mehrere Großvereine Kindersportschulen und führten dazu vor sechs Jahren die Kinder-Olympiade für fünf- bis zehnjährige Sporttalente ein - und jetzt machen die Vereine sogar Schule.

Mit dem Einstieg in die "Ganztägige Betreuung" nehmen sie ihren Bildungsauftrag auch formal an, dem sie ohnehin mit jeder Übungsstunde dienen. Bewegung ist die erste Form intelligenten menschlichen Handelns, sie macht Kinder schlau, wie Untersuchungen zeigen. Die tägliche Sportstunde ist ein bildungspolitisches Gebot, sie wäre eine angemessene Antwort auf die Ergebnisse der "Pisa"-Studien. Die tägliche Sportstunde hätte breite positive Auswirkungen auf die schulischen Leistungen, sie stärkt Konzentrations- und Leistungsfähigkeit. Bei täglichem Sportunterricht, das zeigen Modellversuche, verbessern sich die Resultate in den anderen Fächern, selbst wenn diese dadurch weniger unterrichtet werden. Insofern darf nur begrüßt werden, dass die Bande zwischen Schule und Vereinen durch die "Ganztägige Betreuung" künftig enger geknüpft werden.

Für viele Klubs bleibt es aber eine logistische und personelle Herausforderung, sich den vielfältigen Anforderungen der Ganztagsschule zu stellen. Der Hamburger Sportbund ist als Dachorganisation dringend gefordert, seine Vereine, vor allem die kleineren, auf diese Aufgaben vorzubereiten. Viel Zeit wurde bereits vertan. Dabei gibt es für den organisierten Sport keine Alternative. Wer nicht den Zugang zu den Sechs- bis Zehnjährigen findet, dürfte Schwierigkeiten bekommen, die Elfjährigen und Älteren für den Vereinssport zu gewinnen - gerade weil das Ansehen eines Sportvereins in dieser Generation immer noch nicht das beste ist.