Protestanten im Norden hoffen jetzt auf Taten

Einstand gelungen. Das lässt sich sehr kurz gefasst über die erste Predigt der neuen nordelbischen Bischöfin Kirsten Fehrs sagen. Ähnlich wie bei Politikern und ihrer ersten Rede vor dem Parlament ist sie so etwas wie ein Gradmesser für das, was in Zukunft zu erwarten ist. Und wird entsprechend kritisch beäugt. Die führende Geistliche für Hamburg und Lübeck traf den richtigen Ton, verband Spirituelles mit Politischem und traute sich auch, Persönliches preiszugeben. Sie präsentierte ein freundliches und fröhliches Bild von Glauben und Kirche - und scheute nicht vor dem ganz weiten Bogen zurück.

Jetzt müssen auf die gute Rede Taten folgen. Die Protestanten im Norden verbinden mit Fehrs' Amtsantritt nach 18 Monaten Vakanz auf dem Bischofsstuhl die Hoffnung auf ein Signal des Aufbruchs in schwierigen Zeiten. Zu erwarten ist, dass sie sich einmischt und klare Position bezieht zu Dauerbrennerthemen wie Armut oder Rechtsextremismus und natürlich den Dialog mit anderen Religionen fördert. Aber Fehrs hat noch ein paar Baustellen mehr. Da ist zum einen das Projekt Nordkirche, gegen das es in vielen Gemeinden noch große Vorbehalte gibt. Nicht zuletzt, weil es auch bedeutet, dass das ohnehin knappe Geld neu verteilt wird. Und auch innerhalb ihres Sprengels ist beileibe nicht alles eitel Sonnenschein. Die Lübecker lecken weiter ihre Wunden, nachdem sie bei der Zusammenlegung der Sprengel den Bischofssitz verloren haben. Im Großen wie im Kleineren wird eine Mission der Bischöfin sein, neue Brücken zu bauen. Dass ihr Einführungsgottesdienst im Lübecker Dom und nicht wie zunächst geplant im Michel stattfand, ist deshalbals Geste zu werten.

Inhaltlich aber noch gewichtiger ist der Umgang mit dem Missbrauchsskandal in Ahrensburg, in dessen Zuge ihre Vorgängerin Maria Jepsen zurückgetreten war und der die nordelbische Kirche in ihren Grundfesten erschüttert hat. Schade, dass die in ihrer Antrittsrede klare Worte vermissen ließ. Ein Makel, den sie schnell ausräumen muss. Es wäre fatal, wenn es den Anschein hätte, die Bischöfin würde die versprochenen Gespräche mit den Opfern verzögern - eventuell gar aus kirchenpolitischem Kalkül.