Eine Vermietergesellschaft in Eimsbüttel will offenbar nur noch einzelnen Mietern Zugang zum Innenhof gewähren - gegen einen Aufpreis.

Eimsbüttel. Wenn Christina Sommer, 44, aus ihrem Küchenfenster blickt, hat sie ein schönes Stück Grünfläche vor sich. Es ist nicht irgendein Grün, sondern ihr Garten, zumindest bisher. Seit sechs Jahren lebt sie in der Häuserzeile an der Hohen Weide. Ihr Sohn hat draußen im Winter seinen ersten Schneemann gebaut, im Sommer kickt er mit den Nachbarskindern auf der Wiese, während seine Mama einen Schnack mit den Nachbarn hält, während sich andere Anwohner in ballsicherer Entfernung sonnen. "Wir haben hier eine ganz tolle Nachbarschaft, und die Wiese im Hinterhof ist unser Treffpunkt", sagt Sommer und seufzt. "Aber damit ist es jetzt wohl vorbei."

Denn geht es nach den Plänen ihrer Vermietergesellschaft Wekab, blickt Sommer auch noch in Zukunft auf den Rasen vor ihrem Fenster - nur betreten darf sie ihn dann wohl nicht mehr. Vom Kleingartenverein, der von der anderen Seite her an die Grünfläche grenzt, haben die Anwohner gehört, dass die Wekab plant, den Rasen einzuzäunen. "Dann wird es genauso wie da drüben", sagt Sommer. Da drüben, damit meint sie den benachbarten Hof am Kaiser-Friedrich-Ufer. Eine Freundin, die dort wohnt, berichtete ihr von den Verhältnissen dort. Auch in ihrem Haus habe die Wekab die zu ihren Häusern gehörenden Grünflächen mit einem Zaun abgesperrt und die Kellertüren, die nach hinten rausgingen, verschlossen. Nur von einem Wohnungsbalkon geht eine Leiter hinunter in den Garten. Alle anderen dürfen nur schauen.

"Ist doch klar, worauf das hinausläuft", sagt Sommer. "Die wollen schöne Wohnungen mit Privatgarten. Die kann man ja schön teuer vermieten. Es geht ums Geld. Was die Bestandsmieter wollen, ist egal." Dazu passt auch eine Beobachtung, die die Anwohner gerade machen. In die Wand des Balkons einer bereits leer stehenden Wohnung haben vergangene Woche Bauarbeiter ein Loch geschlagen, das genau passen würde, um eine Treppe anzubauen.

Die Anwohner sind sauer. Rund um Frau Sommer hat sich eine kleine Gruppe gebildet, die gegen den mutmaßlichen Plan der Wekab mobil macht. Betroffen sind 84 Mietparteien. 84 Unterschriften haben bereits auf ihrer Liste derer, die sich gegen den Zaun und für eine gemeinschaftliche Nutzung der Wiese aussprechen, unterschrieben. Denn es geht auch darum, neuere Nachbarn mit schlechteren Mietverträgen zu unterstützen.

Eine davon ist Lena Schulz, 30. Sie ist im September 2010 mit ihren beiden Kindern eingezogen. 30 Seiten Mietvertrag musste sie damals unterschreiben - jede einzeln. Um im Gegensatz zu den alten Verträgen ist hier auch schon festgehalten: "Die Nutzung des Gartens beziehungsweise der Grünfläche hinterm Haus ist untersagt." Und damit sich Schulz daran auch hält, hat sie erst gar keine Schlüssel zur Hinterhoftür bekommen. "Ich fühle mich unfair behandelt, wenn meine Nachbarn, die genau die gleiche Wohnung haben und zum Teil sogar noch weniger zahlen, das dürfen und ich nicht", sagt Schulz. Auch sonst bietet der Mietvertrag von Schulz einige interessante Passagen.

Da steht zum Beispiel, dass der Holzfußboden nur nebelfeucht und in Längsrichtung gewischt werden muss und dass nach dem Duschen Fenster, Fensterrahmen und Wandfliesen trocken gewischt werden müssen. "Ich lass mir doch nicht vorschreiben, wie ich duschen, kochen und putzen soll", sagt Schulz. Sie ist nicht die einzige Unzufriedene und der nun geplante Zaun auch nicht der einzige Streitpunkt zwischen Mietern und Wekab. "Jeder, bei dem wir geklingelt haben, hat sofort unterschrieben", sagt Christina Sommer. "Die Hälfte der Nachbarn sagte, sie sei gerade in einen Rechtsstreit mit der Wekab verwickelt. Aber was sollen sie machen? Man braucht ja eine Wohnung, und so können die sich alles erlauben. Eine Frau sagte: 'Das Beste ist, man zahlt einfach seine Miete und atmet leise ein und aus, ohne dabei zu viel Kondenswasser zu erzeugen.' Es ist nur mit Galgenhumor zu ertragen."

Die Wekab selbst äußert sich den Mietern gegenüber gar nicht. "Wir lassen das Gelände erst mal vermessen", sagt ein Mitarbeiter, der nicht namentlich zitiert werden will, dem Abendblatt. "Alles andere ist noch nicht spruchreif." Das Loch in der Wand sei eine reine Reparaturmaßnahme.

Dennoch bestätigt der Mitarbeiter, dass die Wekab bereits einen Bauantrag für die Umzäunung gestellt habe. Dies sei aus zwei Gründen nötig: Erstens sollen Graffitisprüher von der Hausmauer ferngehalten werden, zudem müssten dann nicht mehr alle die Grünflächenpflege über die Betriebskosten mitfinanzieren. "Mieterunfreundlichkeit kann ich da wirklich nicht erkennen", sagt der Wekab-Mitarbeiter.