Nachlass des verstorbenen Mäzens Claus Großner wird in eine Stiftung für kulturelle Zwecke eingebracht. Richard-Dehmel-Haus gerettet.

Hamburg. Das Geheimnis um das Erbe des vor knapp einem Jahr verstorbenen Hamburger Mäzens Claus Großner ist gelüftet. In den kommenden Tagen wird eine Stiftung ins Leben gerufen, die den Nachlass des Investmentbankers und namhaften Netzwerkers für kulturelle Zwecke einsetzen will. Damit haben sich Spekulationen in Luft aufgelöst, der schillernde Unternehmer sei am Ende bankrott gewesen.

Seit seinem Tod stehen zwei der bekanntesten Hamburger Villen leer: Großners "Weißes Haus" an der Elbchaussee 359 sowie das berühmte Richard-Dehmel-Haus in der gleichnamigen Straße in Blankenese. Der Grundgedanke, um es auf den Punkt zu bringen: Mit dem nach Abzug aller Verbindlichkeiten verbleibenden Erlös der Elbchaussee-Villa soll das Dehmel-Haus saniert und als Begegnungsstätte, Museum und Heimat künstlerischer Aktivitäten geöffnet werden.

Damit wäre die Zukunft jener Villa gesichert, die der Literat Richard Dehmel anno 1912 erwarb. Gemeinsam mit seiner Frau Ida versammelte er führende Maler, Dichter und Denker und gab der Bohème der 20er-Jahre ein stilvolles Zuhause. Der Salon mit den wunderschönen Jugendstil-Möbeln ist quasi unverändert erhalten. Das Haus selbst ist seit Monaten verbarrikadiert; vor den Fenstern angebrachte Holzbretter sichern das Inventar.

+++ Der Mann, der allen ein Rätsel war +++

+++ Claus Großner verstarb im Alter von 69 Jahren +++

Nach einem Jahr der Ungewissheit scheint die Wiedereröffnung der traditionsreichen Stätte nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Motor der Pläne ist der hanseatische Rechtsanwalt Klaus Landry, Seniorpartner der Kanzlei Graf von Westphalen in der Innenstadt. "Die Satzung der Großner-Stiftung ist fertig", sagte Landry dem Abendblatt. "Es kann losgehen." Zwar will sich Landry, der zwischen 1990 und 1999 Präsident der Hanseatischen Anwaltskammer war sowie Vorstandsvorsitzender der Hamburgischen Kulturstiftung und seit zwei Jahrzehnten im Aufsichtsrat des Thalia-Theaters aktiv ist, nicht zu konkreten Zahlen äußern, dennoch ist klar: Der Stiftung werden unter dem Strich zwischen zwei und drei Millionen Euro zur Verfügung stehen.

Der aktuelle Fahrplan sieht so aus: Parallel zur Stiftungsgründung wird die Elbchaussee-Villa mit 500 Quadratmeter Wohnfläche auf einem 4500 Quadratmeter großen Grundstück direkt an der Elbe zum Kauf angeboten. Der Auftrag an das Hamburger Maklerbüro Meissler & Co. ist just erteilt. Immobilienprofis aus den Elbvororten halten einen Preis über sechs Millionen Euro für realistisch.

Doch wird der Stiftung nicht die gesamte Summe zur Verfügung stehen, bestätigt Jurist Klaus Landry. Grund sind die Verbindlichkeiten, die den Verstorbenen belasteten. Nach Sichtung und Auflistung sämtlicher Vermögenswerte ist aber klar, dass Großner keinesfalls überschuldet war. Denn die Grundwerte der Häuser übersteigen die Verbindlichkeiten bei Weitem.

Nach dem Testament wird die zu gründende Stiftung Alleinerbin von Claus Großner sein. Seine betagte und in einem Pflegeheim wohnende Mutter erhält jedoch einen Pflichtteil. Großners Bruder und dessen beiden Söhne haben keine erbrechtlichen Ansprüche. Großner selbst hatte weder Ehefrau noch Kinder, sodass es auch keine weiteren Pflichtteilsansprüche gibt.

Nunmehr ist also der Weg frei für den skizzierten Plan: Verkauf der Elbchaussee-Villa und Erhalt des Dehmel-Hauses. Letzteres - mittlerweile auch das von Richard Dehmel herrührende Inventar - steht unter Denkmalschutz, muss jedoch in erheblichem Umfang saniert werden. Dennoch schätzen Makler den Wert auf 750 000 Euro. Vielleicht, so hofft Rechtsanwalt Klaus Landry, stehen andere Stiftungen und Förderer als Partner bereit. Eine weitere Überlegung ist die Vermietung des ersten Stocks als Wohnraum. Durch die Miete könnte der Betrieb der Begegnungsstätte mitfinanziert werden.

Um der Kultur eine angestammte Heimat zu bieten, hat Landry für Vorstand und Beirat der Großner-Stiftung einen illustren Kreis namhafter Hanseaten gewonnen. Dazu zählen unter anderen Philip Graf Dönhoff, Helmut Dosch (Desy-Chef), Rainer Esser (Geschäftsführer "Zeit"-Verlag), Ulrich Greiner (Präsident der Freien Akademie der Künste), Daniel Kühnel (Intendant der Hamburger Symphoniker), Johann C. Lindenberg (Vorsitzender des Aufsichtsrats der Elbphilharmonie GmbH), Joachim Lux (Intendant des Thalia-Theaters) und Michael Stawicki (Präsident der HAW Hamburg).

Ebenso wie Landry handelt es sich teilweise um persönliche Bekannte oder Freunde des Verstorbenen. Die personelle Besetzung macht den Stiftungszweck deutlich: Förderung der Kultur, der Bildung, der Wissenschaft.

Für genau diese Ziele machte sich Claus Großner in den letzten Jahres seines Lebens stark - mit hochkarätig besetzten Gesprächskreisen und einem namhaften Netzwerk (siehe Text nebenan). Trotz seiner großen Bekanntheit wirkte der Verstorbene selbst für seinen engsten Zirkel niemals richtig transparent. Stets umgab ihn eine geheimnisvolle Aura. Danach hat sich auch nach seinem Tod nichts geändert.