Senator Ties Rabe beharrt weiterhin auf dem Maulkorb für Schulleiter - als Oppositionspolitiker im Februar 2010 sah er es noch anders.

Hamburg. Misst SPD-Politiker Ties Rabe mit zweierlei Maß? Der Schulsenator hat zwei Schulleitern verboten, als Experten bei der Anhörung des Schulausschusses der Bürgerschaft zum Thema Inklusion am Freitag als Experten auszusagen. Es gebe ein ungeschriebenes Gesetz, so Rabe, nach dem die Opposition keine Lehrkräfte und Schulleiter als Auskunftspersonen bei Anhörungen benennen dürfe. Die Behörde müsse mit einer Stimme sprechen - der des Senators.

+++ Senator Rabe verhängt Maulkorb für Schulleiter +++

Jetzt kommt heraus, dass Rabe im Februar 2010 als damaliger Vorsitzender des Schulausschusses und Oppositionsabgeordneter offensichtlich nichts dagegen hatte, dass Angelika Fiedler, Leiterin der Clara-Grunewald-Schule in Neu-Allermöhe, als Expertin ebenfalls zum Thema Inklusion auftrat. Die Pädagogin wies zu Beginn der Anhörung ausdrücklich auf ihre berufliche Funktion hin. "Ich bin hier als Vertreterin einer Integrativen Regelschule zum einen, aber zum andern auch als Vorstandsmitglied des Verbandes Integration an Hamburger Schulen", sagte Fiedler laut Ausschussprotokoll.

"Frau Fiedler wurde damals als Vertreterin eines Verbandes benannt", versuchte sich Rabe am Freitag gegenüber dem jetzigen Schulausschuss-Vorsitzenden Walter Scheuerl (CDU-Fraktion) zu rechtfertigen. Doch die damalige Einladung vermerkt die Pädagogin eindeutig als Schulleiterin.

Es ist ein Streit um Formalien, den der Senator angezettelt hat. Rabe hatte im aktuellen Fall den beiden Schulleitern immerhin angeboten, sie sollten "mit einem anderen Hut" auftreten, also zum Beispiel als Sprecher eines Verbandes. Pit Katzer, stellvertretender Schulleiter der Erich-Kästner-Stadtteilschule in Farmsen-Berne, sprach am Freitag als Mitglied der GEW. Doch Dietmar Schmidt, Leiter der Ganztagsförderschule Kielkoppelstraße in Rahlstedt, sagte seine Teilnahme an der Anhörung wegen des "Maulkorbs" ab. Die FDP-Schulpolitikerin Anna von Treuenfels nannte Rabes Behauptung, Schulleiter hätten nie aussagen dürfen, befremdlich. "Das zeugt von einem sehr laxen Umgang mit der Wahrheit und offenbar großer Nervosität, was das Thema Inklusion angeht", sagte Treuenfels.

In der Anhörung wurden unterschiedliche Standpunkte deutlich. Prof. Bernd Ahrbeck aus Berlin betonte, dass nicht alle behinderten Kinder für die inklusive Beschulung, also den gemeinsamen Unterricht mit nichtbehinderten Mitschülern, geeignet seien. "Inklusion ist mehr als die gemeinsame Beschulung. Inklusion ist die Nivellierung von Diskriminierung", sagte Prof. Rolf Werning aus Hannover.