23. Dezember 1918: Der Tag vor Heiligabend in der Frauenklinik Finkenau. In was für eine Zeit wird Helmut Heinrich Waldemar Schmidt geboren! Die Novemberrevolution greift von Kiel nach Hamburg über, Kaiser Wilhelm II. dankt ab, der Erste Weltkrieg ist soeben per Waffenstillstand beendet, Bürgerschaft und Senat erhalten vom Arbeiter- und Soldatenrat ihre Befugnisse zurück. In Hamburg ist der Tod von rund 40 000 Soldaten zu beklagen. Es herrscht Lebensmittel- und Wohnungsnot, und so erwartet eine Million Hamburger der dritte Hungerwinter in Folge. Vater Gustav Schmidt, ein Studienrat, freut sich mit Ehefrau Ludovica über den Nachwuchs mit den graublauen Augen. Die ersten Jahre seiner Kindheit verbringt Helmut Schmidt in Barmbek.

3. März 1919: Ganz in der Nähe erblickt Hannelore Glaser das Licht der Welt. Vater Hermann ist Elektriker und Werftarbeiter, Mutter Gertrud gelernte Schneiderin. Die nächsten Jahre lebt Familie Glaser im Hinterhaus einer kleinen Straße in Borgfelde.

1925: Helmut Schmidt geht zur Volksschule an der Wallstraße. Etwa zur gleichen Zeit besucht die kleine Hannelore eine Schule an der Burgstraße. Bis zu dem Zeitpunkt, der die beiden Kinder zusammenbringen sollte ...

1929: ... die Einschulung in der Lichtwarkschule am Grasweg (heute Heinrich-Hertz-Gesamtschule). Der gemeinsame Schulbesuch bis zum Abitur 1937 formt die Jugendlichen in ihrer Persönlichkeit. Beide wissen die freie Denkweise und die Erziehung zur Toleranz zu schätzen. Zudem liegt der Unterrichtsschwerpunkt auf Kunst und Musik. Abgesehen davon, dass es in dieser Schule keine Zeugnisse gibt, ist bemerkenswert, dass hier Jungen und Mädchen schon gemeinsam unterrichtet werden. So wird Helmut auf das Mädchen mit der Bubikopf-Frisur aufmerksam. Hannelore hat es faustdick hinter den Ohren: Sie prügelt sich oft und fängt im zarten Alter von zehn Jahren an zu rauchen.