Ein richtiges Signal der Bundesregierung, aber als Gesamtpaket eine Mogelpackung.

Man muss sich nach zwei Jahren Gezänk keine Illusionen machen. Was diese schwarz-gelbe Bundesregierung nach dem Hickhack um die Griechenland-Rettung, nach einer vorsichtigen Steuerschätzung und diversen Baustellen in nur einem Gesprächstermin produziert hat, ist annehmbar. Diese Steuerreform ist besser als gedacht. Sie ist besser als keine und als Kompromiss brauchbar.

Steuergerechtigkeit kann es nur in den Utopien eines Radikalen wie des ehemaligen Verfassungsrichters Paul Kirchhof geben. Deshalb wird jeder mit Recht an diesem Vorschlag etwas zu mäkeln haben. Aber klar ist: Die geringen Einkommen werden entlastet, deutlich überproportional gegenüber den Besserverdienern. Und wer im statistischen Mittel verdient (32 000 Euro pro Jahr), der hat im Vergleich von 2014 zu heute 179 Euro im Jahr mehr im Portemonnaie.

Da nimmt sich die Erhöhung des Pflegebeitrags mickrig aus. Und da ist noch nicht die Entlastung bei den Rentenbeiträgen drin, die dank guter Konjunktur und dank rechtzeitiger Reformen den Bürgern und Unternehmen winkt. Und diese Steuerreform light ist für kleines Geld zu haben. Sechs Milliarden Euro zwingen den Staatshaushalt nicht in die Knie. Sicherlich ist diese Reform Befriedungspolitik für eine zerstrittene Koalition mit einer irrlichternden FDP. Sie ist als Signal jedoch richtig, um bei überraschend guter Wirtschaftslage den Steuerzahlern ein paar Euro zurückzugeben und dennoch nicht das große Ziel des Schuldenabbaus aus dem Blick zu verlieren.

Allerdings ist das Paket in Gänze eine Mogelpackung. Die Pflegereform verdient den Namen nicht. Für die jetzt und künftig Betroffenen wird praktisch nichts verändert. Die private Pflegezusatzversicherung, mit der sich die FDP rühmt, ist ein Desaster. Sollte es künftig Pflegefälle erster, zweiter und dritter Klasse geben, wäre das das Ende des Sozialstaats.

Pflegebedürftigkeit ist ein Schicksal. Es kann jeden treffen. Ausgerechnet im Jahr der Pflege beweist die Bundesregierung, dass sie kein Konzept hat. Beim Betreuungsgeld ist es ähnlich. Es geht bei dieser zusätzlichen Leistung nur darum, den Muttis in Bayern ein Zuckerl zu geben. Damit sie eine finanzielle Anerkennung bekommen, wenn sie ihre Kleinen zu Hause betreuen. Eigentlich sollten gerade die bildungsfernen Haushalte, die sich von der Außenwelt abkapseln, mit einer "Herdprämie" nicht noch animiert werden, die Kinder zu Hause zu lassen. In den Kitas ist jeder Cent besser angelegt. Für alle Kita-Skeptiker sei gesagt: Die freie Wahl bleibt erhalten. Niemand wird gezwungen, sein Kind in die Krippe zu bringen, niemand zum häuslichen Erziehen. Wir leben im 21. Jahrhundert. Aber jede Mutter, die ausgebildet wurde und die nach der Elternzeit wieder arbeiten möchte, ist ein Gewinn für den Arbeitsmarkt.

An diesem Gesamtpaket zu Steuern, Pflege und Betreuungsgeld wird deutlich: Die Eifersüchteleien und Alleingänge wie zum Beispiel von Politdiva Horst Seehofer sind unerträglich geworden. Im Prinzip ist er ein gesunder Querkopf. Doch was er sich leistete, untergräbt an Irrläuferei inzwischen das Vertrauen der Bürger in die Zurechnungsfähigkeit unseres Spitzenpersonals. Der Berg kreißte und gebar eine Maus. Muss das immer so sein? Augenscheinlich ja.

Denn in dieser Dreierkoalition aus CDU, CSU und FDP ist der politische Stellungskrieg der Alltag. Zwei Jahre muss der Bürger noch mit diesem Zwangsbündnis leben. In Krisenzeiten wird der Ruf nach einer Regierung der nationalen Einheit immer lauter. Doch man sollte nicht vergessen: Dieser Ruf ist genauso laut wie der vor der Bundestagswahl 2009 nach einer Ablösung der Großen Koalition. Von Langeweile hatte man da gesprochen. Offenbar wird der Wert der CDU/SPD-Regierung erst jetzt klar.