Premiere in Bergedorf. Der ADFC fordert ähnliche Stationen auch am Hamburger Hauptbahnhof, in Harburg und im Bezirk Altona.

Hamburg. Immer mehr Hamburger steigen auf dem Weg zur Arbeit oder um Besorgungen zu machen auf das Rad um. Besonders an den großen Bahnhöfen zeigt sich das mit Hunderten oft chaotisch abgestellten Rädern. Das soll nun in Bergedorf anders werden. Noch vor Weihnachten wird dort Hamburgs größtes Fahrradparkhaus für 500 Räder eröffnet.

Allein Bau und Einrichtung kosten eine Million Euro, die von der Baubehörde aus dem Topf "Fahrradförderung" kommen. Die Radstation liegt ebenerdig direkt neben dem Haupteingang des neuen Bahnhofes, der wie ein Moloch die Stationen für S-Bahn und Busse vereint und in dem sich auch ein großes Autoparkhaus und ein Fast-Food-Restaurant befinden.

Besonders sicher soll die 669 Quadratmeter große Station werden und auch noch einen umfangreichen Service bieten. Neben der 150 Meter langen Abstellhalle gibt es im Parterre eine Werkstatt, ein Geschäft, und im ersten Stock Büros und Sozialräume für die zwölf Mitarbeiter. Die Nutzung des Vorzeigeprojektes kostet zwischen einem Euro am Tag und 120 Euro fürs Jahresabo.

Vier Mitarbeiter und der Werkstattmeister werden tagsüber immer anwesend sein und auch die Räder bewachen. Zu den Öffnungszeiten (6 bis 20 Uhr) kann jeder die Station durch die beiden Glastüren betreten. Nachts (20 Uhr bis sechs Uhr) kommen nur die Kunden rein. Sie können die Tür mit einem elektronischen Chip öffnen und zu ihren Rädern gelangen. Jedes Rad ist an einen Stahlträger angeschlossen. Das Herz des Sicherheitskonzeptes bilden Videoüberwachung und eine extreme Helligkeit in der Halle.

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"Dafür sorgen 60 Leuchtstoffröhren an der Decke und 17 Videokameras, die jeden Schritt von Kunden erfassen", sagt Projektleiter Stefan Clotz, der auch das Sicherheitskonzept entwickelt und sich dazu in 37 anderen Fahrradparkhäusern umgesehen hat. "Deshalb können auch Radler zu uns kommen, die sehr teure Räder besitzen", sagt er. Und er sagt schmunzelnd: "Wir profitieren davon, dass in der Nähe des Bahnhofes viele Räder gestohlen werden, auch in den Autoparkhäusern." Stefan Clotz ist eigentlich Produktionsleiter der hab service gesellschaft. Das ist die gewerbliche Tochter der Hamburger Arbeit Beschäftigungsgesellschaft mbH (HAB). Die zwölf Arbeitsplätze werden für Langzeitarbeitslose und Schwerbehinderte geschaffen. Die Arbeitsplätze sind beliebt: Ein gehörloser Radmechaniker zieht extra von Sachsen nach Bergedorf.

Wichtiges Standbein ist die Werkstatt. "Wir nehmen alle Reparaturen an, auch für 15 Euro", sagt Clotz. Reifen aufpumpen und kleinere Einstellungen würden nichts kosten. Man kann sein Rad reparieren lassen, während man mit der Bahn zur Arbeit fährt. "Das geht wie im Autohaus", erklärt Clotz. Der Abo-Kunde hängt einen Zettel ans Rad und wirft einen zweiten Schlüssel in einen gesicherten Briefkasten. Clotz: "Abends ist das Rad repariert."

Integriert in der Fahrradhalle sind auch der Verleih und Verkauf von Elektrofahrrädern und ein Shop für Radzubehör. Als weitere Attraktion werden hand- und maßgefertigte Hollandräder für "unter 1000 Euro" mit einer grünen Speziallackierung als "Bergedorf-Rad" angeboten. Weiterer Service: Firmen können Spezialräder in eigenen Farben fertigen lassen und diese an festen Abo-Plätzen ihren Mitarbeitern anbieten. Die Höhe der Abo-Kosten kritisiert der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC). "Der HVV muss sich an den Abo-Kosten beteiligen", sagt Merja Spott, Verkehrsreferentin des ADFC. Denn es sei nicht einzusehen, dass HVV-Kunden ihr Auto kostenlos auf dem Park+ride-Platz vor dem Bahnhof Bergedorf abstellen könnten.

Die jetzige Situation vor dem Bahnhof beschreibt sie als "gruselig". Hunderte von Fahrrädern stehen dort oder sind mit Schlössern angeschlossen - an alle verfügbaren Gitter, Zäune oder Masten.

Abgesehen davon gibt es viel Lob von der ADFC-Rad-Expertin, die sich den Rohbau der Radstation schon angesehen hat und insgesamt als Note eine Zwei plus gibt. Besonders wichtig sei der Extrazugang für die Kunden, die vom Parkhaus über eine eigene Treppe zu den im Obergeschoss gelegenen Haltestellen der Busse und der ebenfalls oben liegenden S-Bahnsteige gelangen.

Merja Spott: "Das muss Standard in allen Radparkhäusern werden." Weiterhin fordert der ADFC, dass für jeden neuen Bahnhof von Anfang an eine Radstation eingeplant wird. "Eine Station wie in Bergedorf brauchen die Hamburger auch in Altona, Harburg und am Hauptbahnhof", sagt sie.