Anwohner protestieren gegen den befürchteten Ausbau der Straße zur vierspurigen Trasse. Behörde: Es gibt noch keine konkreten Pläne.

Bahrenfeld. Ihren Protest haben sie schon mal auf die Rückfront ihrer Garagen gepinselt. "Keine neue Hauptverkehrs-Trasse Holstenkamp", steht da in großen weißen Buchstaben. Hartmut Janßen und Henning Wolf stehen auf der großen Freifläche davor und malen mit den Händen lange Linien in die Luft. "Hier soll die neue Straße entlanggeführt werden", sagen sie - keine 30 Meter von ihren Reihenhäusern an der August-Kirch-Straße entfernt.

Besonders beunruhigt die beiden, dass auf dem Gelände, das zur Trabrennbahn Bahrenfeld gehört, derzeit Stallungen und auch Wohnhäuser abgerissen werden. "Wir vermuten, dass der Abriss schon eine Vorbereitung für die Straßenplanung sein könnte. Die Trasse würde jedenfalls genau durchpassen", sagt Janßen, der mit einigen anderen Anwohnern die Bürgerinitiative Volkspark gegründet hat.

Die Anwohner im ruhigen Norden von Bahrenfeld sind früh dran. Bislang liegt nur ein Entwurf für die Rahmenplanung des Stadtteils vor, demzufolge im Zuge des Baus des Autobahndeckels bis 2020 bis zu 4000 Wohnungen gebaut werden könnten. Und weil es dafür auch neue Straßen geben muss, könnte der Holstenkamp, der bisher hinter der Schnackenburgallee in einer Kopfsteinpflasterstraße endet, über die Autobahn verlängert und bis an die Luruper Chaussee geführt werden.

+++ Anwohner protestieren gegen Straßenausbau in Altona +++

Öffentlich wurde die erste Grobplanung der Verkehrsbehörde auf einer Sitzung des bezirklichen Planungsausschusses vor einigen Wochen, mehr oder weniger zufällig. Jetzt ist die Empörung groß. "Wir haben nichts dagegen, dass hier neue Wohnungen entstehen, aber wir wollen keine Durchgangsstraße in unserem Stadtteil", sagt Anwohner Wolf. Ihre Befürchtung: Die neue Querverbindung könnte als Verlängerung der Fruchtallee und als Umgehung der chronisch verstopften Stresemannstraße schnell zur attraktiven Ausweichmöglichkeit für den innenstädtischen Verkehr werden. Und sie sind nicht allein. Zu einer ersten Informationsveranstaltung kamen mehr als 130 Menschen. Zwei Dutzend arbeiten in der Anwohner-Bürgerinitiative mit. Am kommenden Donnerstag ist der Straßenbau auch Thema in der Altonaer Bezirksversammlung.

"Die jetzigen Planungen für den neuen Holstenkamp sehen eine zweispurige Straße für 15 000 Autos am Tag vor, aber dabei wird es nicht bleiben", glaubt Anwohner Hartmut Janßen. Stattdessen werde künftig ein Großteil des Verkehrs durch den Holstenkamp (etwa 33 000 Autos am Tag) und die Luruper Chaussee (26 000 Kfz pro Tag) künftig auch durch die bislang ruhigen Wohn- und Naherholungsgebiete am Volkspark rollen. Ein Indiz dafür, dass das möglicherweise sogar beabsichtigt ist, sehen die aufgebrachten Bürger darin, dass die geplante Trasse 28 Meter breit ist - und theoretisch einen mehrspurigen Ausbau ermöglicht.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Anbindung der neuen Erschließungsstraße an die Luruper Chaussee. Im Moment kursieren zwei Optionen. "Wenn der Knoten so geplant wird, dass der Holstenkamp direkt in die Ebertallee und Notkestraße mündet, gibt es noch mehr Verkehr", so die Befürchtung. Ganz besonders verärgert sie aber, dass die Anwohner bislang nicht informiert wurden. "Wenn man so eine weitreichende Veränderung plant, geht das doch nur mit der Bevölkerung", sagt Henning Wolf.

In der zuständigen Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt gibt man sich gelassen. "Es ist noch nichts Konkretes geplant, solange wir nicht wissen, wie die neue Wohnbebauung aussehen wird", sagt Sprecherin Helma Krstanoski. Die Entwürfe für das Erschließungskonzept mit der Straßenführung des neuen Holstenkamps bezeichnete sie als "Überlegungen". "In dem Moment, in dem wir die Bebauungspläne machen, beteiligen wir auch die Anwohner."

Die Altonaer Politik ist dennoch alarmiert. Auch wenn das Großprojekt vom Senat geplant wird, hat die - rechtlich unverbindliche - Rahmenplanung bereits für hitzige Diskussionen gesorgt. Für die morgige Bezirksversammlung haben Linke, SPD und GAL Anträge eingereicht. "Wir fordern unter anderem, die Verlängerung des Holstenkamps als planerische Option aufzugeben. Stattdessen muss es darum gehen, alternative Verkehrskonzepte zu entwickeln", sagt Linke-Fraktionschef Robert Jarowoy.

Auch in der SPD nimmt man die Bedenken der Anwohner ernst. "Es ist gut, dass sie früh artikuliert werden", sagt SPD-Verkehrsexperte Hendrik Strate. Auch seine Partei wolle keine vierspurige Straße, aber klar sei, dass es eine Straße geben müsse. "Unser Ziel ist, im Dialog Lösungen zu finden, damit gar nicht erst ein Bürgerentscheid notwendig wird." Im gemeinsamen Antrag mit der GAL fordern sie vom Senat, die Bürger an den Planungen zu beteiligen.

Die Initiatoren der Bürgerinitiative Volkspark geben sich derweil kämpferisch - und versprechen schon mal einen langen Atem. Auch wenn ihre Befürchtungen, dass auf dem Gelände der Trabrennbahn erste Vorbereitungen für den Straßenbau anlaufen könnten, offenbar verfrüht sind. "Wir haben die Gebäude abgerissen, weil sie marode waren und nicht mehr gebraucht wurden", sagte Arne Wehlitz, der Chef des Trab-Zentrums.

Für die Aktivisten ist das nur eine kurzzeitige Beruhigung. "Die Querung ist ein Symbol für misslungene Stadtplanung", sagen sie. Dadurch würde Autoverkehr gefördert, anstatt sich Gedanken über neue Konzepte zu machen. Am 5. November wird die Bürgerinitiative bei einem Workshop zur Deckelbebauung dabei sein. "Wir haben kein Anrecht auf Idylle", sagt Harald Janßen. "Aber ein Anrecht auf Lebensqualität und Gesundheit haben wir schon."