Senator will auf keinen Standort verzichten und regt bei Vorstellung des Schulentwicklungsplans einen Neubau im Baakenhafen an.

Hamburg. Schulsenator Ties Rabe (SPD) hat mit einer langjährigen Tradition gebrochen. Wenn früher ein neuer Schulentwicklungsplan vorgestellt wurde, dann ging es immer auch um die Schließung einzelner Schulstandorte. Rabe will in seinem Entwurf für den Schulentwicklungsplan dagegen auf keinen Standort verzichten.

Im Gegenteil: Die Zahl der allgemeinen staatlichen Schulen (Grundschule, Stadtteilschule und Gymnasium) soll um vier auf 311 steigen. Bereits zum kommenden Schuljahr kann in Hoheluft-West ein neues Gymnasium seine Türen öffnen. Wie berichtet, sollen Schüler und Lehrer in das zurzeit leer stehende Gründerzeitgebäude an der Christian-Förster-Straße einziehen.

Rabe begründet die erste Neugründung eines Gymnasiums seit 1997 mit der starken Auslastung der drei bestehenden Gymnasien in Eimsbüttel: Kaiser-Friedrich-Ufer, Helene Lange und Emilie Wüstenfeld. "Drei bis vier Parallelklassen lassen sich jedes Jahr mit den an den drei Schulen abgelehnten Schülern einrichten", sagte der Senator. Die drei etablierten Standorte seien mit der Neugründung einverstanden.

Außerdem regt Rabe die Gründung eines Gymnasiums in der HafenCity im Bereich Baakenhafen an. "Perspektivisch wird es dringend nötig sein, in der HafenCity einen Standort zu haben, weil die nächstliegenden Gymnasien stark angewählt werden", sagte Rabe. Einen Zeitpunkt für die Schulgründung gibt es allerdings noch nicht. Die Zahl der staatlichen Gymnasien wird sich damit auf 61 erhöhen. Der Planentwurf sieht ebenfalls zwei neue Stadtteilschulen vor. In Meiendorf soll es ein weiteres Angebot geben, um unter anderem die Walddörfer-Stadtteilschule in Volksdorf zu entlasten. Eine besondere Stellung nimmt die Schule Slomanstieg auf der Veddel ein. Die frühere Haupt- und Realschule war wegen zu geringer Anmeldezahlen geschlossen worden. "Jetzt wollen wir den Standort, der derzeit nur eine Grundschule ist, als Stadtteilschule neu gründen", sagte Rabe. Zwar reichten die Anmeldezahlen für die eigentlich erforderlichen drei Parallelklassen nicht aus. "Aber wir sind der Ansicht, dass die Veddel ein spezielles Angebot braucht", sagte Rabe. Außerdem gebe es die erfolgreiche Kooperation der Schule mit der Kupferhütte Aurubis, die sich nicht beliebig auf andere Standorte übertragen lasse.

+++ HafenCity und Eimsbüttel bekommen neue Gymnasien +++

+++ Schul-Konzept mit Fragezeichen +++

Drei besonders expandierende Stadtteilschulen sollen Dependancen erhalten, aus denen bei stabilen Anmeldezahlen eigene Standorte werden können: Die Stadtteilschule Blankenese erhält einen Ableger in Rissen (Standort noch offen), die Heinrich-Hertz-Schule an der Humboldtstraße auf der Uhlenhorst und die Stadtteilschule Harburg an der Maretstraße (Harburg).

Für die Stadtteilschule Am See in Steilshoop, die wegen geringer Anmeldezahlen von der Schließung bedroht war, will Rabe eine Bestandsgarantie erreichen. Offen ist allerdings noch, ob der nötige Raumbedarf am Grundschulstandort mit einem Neubau oder im Bildungszentrum Steilshoop (frühere Gesamtschule) realisiert werden soll.

Eine Bestandsgarantie soll es auch für die kleinen Grundschulen vor allem in den ländlichen Bereichen von Bergedorf und Harburg geben. Diese sieben Angebote sollen zur regionalen Versorgung erhalten bleiben, obwohl es regelmäßig nur für eine Klasse pro Jahrgang reicht: Neuland, Cranz, Neuwerk, Altengamme, Kirchwerder, Fünfhausen-Warwisch und Mittlerer Landweg. Vorgesehen ist eine neue Grundschule im Bereich Baakenhafen in der HafenCity.

Bedauerlich findet Rabe, dass sich nur 13 Grundschulen für eine Kooperation mit einer Stadtteilschule zur sogenannten Langform entschieden haben. Vor der später gescheiterten Primarschulreform, die die Trennung vorsah, gab es 61 Langformschulen. "Aber so etwas muss von unten zusammenwachsen, das kann nicht von oben verordnet werden", so Rabe. Wie berichtet, sollen die beiden Wandsbeker Gymnasien Charlotte Paulsen und Matthias Claudius eigene Zubauten erhalten. Eine gemeinsame Oberstufe an einem dritten Standort ist damit vom Tisch.

In den kommenden zehn Jahren rechnen die Experten mit einem Schülerzuwachs von 3,7 Prozent in Hamburg. Weil zudem die kleineren Klassen an Grundschulen mehr Raumbedarf nach sich ziehen, sieht der Schulsenator im Schulbau die größte Herausforderung. An etwa jedem fünften Standort stehen Zubauten an. Rabe: "Im Prinzip gibt es genug Schulraum in Hamburg. Das Problem aber ist, dass die Räume manchmal an der falschen Stelle sind."

Rabe will aufgrund einer aktuellen Liste des Leerstands an Schulgebäuden entscheiden, welche Standorte dauerhaft nicht mehr benötigt werden. Diese Flächen sollen aufgegeben und der Erlös in den Schulbau fließen. Laut der mittelfristigen Finanzplanung stehen für Neubau, Zubau und Sanierung von Schulgebäuden jährlich zwischen 250 und 330 Millionen Euro zur Verfügung, bis 2020 sind 2,5 Milliarden Euro vorgesehen. Rabe hält die Beträge zusammen mit den Erlösen aus aufgegebenen Schulflächen und Haushaltsresten für ausreichend. "Dabei wird es nötig sein, dass wir stärker von der Sanierung zum Schulneubau hin umsteuern."

Stefanie von Berg (GAL) warf Rabe vor, noch keine fertige Finanzplanung vorgelegt zu haben. "Es ist die Aufgabe der Behörde, zumindest die ungefähren Kosten zu ermitteln." Rabe betreibe außerdem Klientelpolitik und drücke sich vor schwierigen Entscheidungen. "Der Senator verfährt nach dem Motto: Tu allen wohl und niemandem weh", sagte auch Anna von Treuenfels (FDP). Viele Fragen wie zum Beispiel die Finanzierung seien noch offen.

"Keine Rede ist von den vielen Sonderschülern, die jetzt an die Stadtteilschulen kommen und für die zusätzliche Förderräume benötigt werden", kritisierte Linken-Fraktionschefin Dora Heyenn. "Sieben Monate Beratungszeit für den Senator, aber keine drei Monate für alle anderen", monierte der CDU-Schulpolitiker Robert Heinemann. Bis Ende Dezember sollen Schulen, Elternräte, Bezirke und die Kammern ihre Stellungnahmen abgegeben haben. "Formal ist das vielleicht gerade noch vertretbar, in der Sache jedoch eine Vorgehensweise, die die Mitsprache- und Beratungsrechte und -pflichten der Gremien zur Farce degradiert", sagte Walter Scheuerl (CDU-Fraktion).