Eine Diagnose von Alexander Schuller

Der Hals kratzt, die Nase kribbelt, die Augen tränen. Trockener Husten bricht unkontrolliert aus den Tiefen Ihrer Bronchien hervor. Kalter Schweiß steht auf Ihrer Stirn, und Ihre Glieder schmerzen, als ob Sie von einem Omnibus überrollt worden sind.

Tja, Sie leiden an einem grippalen Infekt, im Volksmund auch "Schnööf" genannt. Und eigentlich wünschen Sie sich jetzt nur noch, ganz schnell zurück ins Bett zu gehen und das Ganze mit heißer Zitrone, Hühnerbrühe oder den gängigen pharmazeutischen Keulen auszukurieren.

Wenn da bloß nicht Ihr Job wäre. Die unerledigten Aufgaben, die wahnsinnig wichtigen Meetings. Außerdem hatten Sie gerade erst zwei Wochen Urlaub! Was werden Ihre Kollegen sagen, wenn Sie jetzt zu Hause bleiben? Und Ihre Vorgesetzten erst!? Denn Sie sind schließlich kein Weichei. Sie haben schon immer die Zähne zusammengebissen. Einer muss ja die Stellung halten (komischerweise ist jedoch Ihr Kollege Maier befördert worden, obwohl der es regelmäßig mit der Bandscheibe hat). Deshalb schleppen Sie sich mit beinahe letzter Kraft ins Büro. Die Losung heißt Tod oder Leutnant, auch wenn Sie sich entsetzlich elend fühlen.

Doch niemand applaudiert, als Sie das Büro betreten. Denn Ihre unmittelbaren Kollegen sind alle ausgeflogen. Sie haben sich krankschreiben lassen. Mit Grippe. Nur der Maier sitzt da, auf seinem rückenschonenden Bürostuhl. Und er begrüßt Sie, gar nicht freundlich, mit den Worten: "Na toll, dass Sie da sind, Müller: Wollen Sie mich etwa anstecken?"