Starke Einbrüche seit 2001 vor allem bei Du und Deine Welt: 366.000 Besucher blieben weg. Die SPD fordert jetzt eine Aufklärung der Gründe.

St. Pauli. Die großen Hamburger Messen kämpfen mit einem dramatischen Besucherschwund. Zählte die Hamburg Messe und Congress GmbH (HMC) im Jahr 2001 noch 1 066 858 Besucher, so waren es im vergangenen nur noch 700 342. Damit hat die Messegesellschaft innerhalb von zehn Jahren rund 366 000 oder mehr als ein Drittel ihrer Besucher verloren.

Besonders die Verbraucherausstellung Du und Deine Welt musste kräftig Federn lassen: Sie lockte 2010 nur 93 592 Menschen an - nach noch 164 796 im Jahr 2004. Ähnlich ist die Entwicklung bei der hanseboot, für die 2009 rund 88 000 (2004: knapp 119 000) Eintrittskarten verkauft wurden, und bei der Reisen Hamburg, die 2010 gerade einmal 57 187 (2004: fast 103 000) Menschen interessierte.

"Natürlich ist der Rückgang der Besucherzahlen insgesamt und vor allem bei Du und Deine Welt nicht zufriedenstellend", sagte HMC-Chef Bernd Aufderheide dem Abendblatt. Publikumsmessen konkurrierten heute viel stärker als noch vor zehn Jahren mit einer Fülle anderer attraktiver Freizeitangebote. Allerdings erwirtschafteten die hanseboot und die Reisen Hamburg nach wie vor Gewinne.

Weniger gelassen sieht die Politik die Entwicklung. "Als Innovationsstandort ist es unsere Bringschuld, Innovationen attraktiv zu platzieren. Wir brauchen Highlight-Messen", sagte SPD-Wirtschaftsexperte Jan Balcke. Er kündigte an: "Wir werden kritisch nachfragen. Wo haben die Investitionen der vergangenen Jahre gefruchtet und wo möglicherweise nicht." Der FDP-Wirtschaftsexperte Thomas-Sönke Kluth spricht von einer besorgniserregenden Entwicklung: "Dass ein so moderner und für viel Geld ausgebauter Messestandort immer mehr Besucher verliert, kann nicht im Interesse der Stadt sein."

+++ Lesen Sie hier das Interview mit HMC-Chef Bernd Aufderheide +++

Dennoch - die wirtschaftliche Entwicklung der HMC ist nach Aussage von Messe-Chef Aufderheide erfolgreich. Der Umsatz lag im vergangenen Jahr bei 76,1 Millionen Euro, nach 54,1 Millionen Euro im Jahr zuvor. Dass die Messegesellschaft mit 16,4 Millionen Euro in den roten Zahlen blieb, liegt vor allem am Ausbau der Messe und des Congress Centers Hamburg. Diese Investitionen belasten das Unternehmen mit fast 30 Millionen Euro pro Jahr. 2008 lagen die Verluste bei 12,3 Millionen Euro, 2009 waren es sogar 28,9 Millionen Euro, weil die nur in den geraden Jahren stattfindende, gewinnträchtige Leitmesse SMM nicht zum Ergebnis beitrug. Ziel sei es jetzt, das Unternehmen bis 2016 aus der Verlustzone zu holen und den Umsatz auf 100 Millionen Euro zu steigern, sagte Aufderheide.

Die Wirtschaftsbehörde ist mit der Arbeit der Messe zufrieden: "2010 hat die HMC das beste operative Geschäftsergebnis in ihrer Geschichte erreichen können. Aufgrund der strategischen Neuausrichtung sind Messen, die nicht zu einem Ertragsgewinn führten, nicht mehr weitergeführt worden", sagte Sprecherin Susanne Meinecke. Auch der CDU-Abgeordnete Andreas Wankum, Mitglied im Wirtschaftsausschuss der Bürgerschaft, unterstützt den Kurs der HMC: "Die Entwicklung der Besucherzahlen reflektiert die erfolgreiche Fokussierung weg von den wenig ertragreichen Publikumsmessen hin zur Konzentration auf zukunftsträchtige Fachmessen mit hochkarätigen Ausstellern und Besuchern."