Die Stadt will die offene Forderung notfalls per Gericht einklagen. Der Tierpark-Chef bestreitet jedoch eine Zahlungsverpflichtung.

Hamburg. Auch zwischen Freunden können offene Rechnungen zu schweren Zerwürfnissen führen. In Hamburg ist ein heftiger Streit zwischen der Stadt und Hagenbeck entbrannt. Es geht um zwei Millionen Euro, die die Stadtentwicklungsbehörde von dem Tierpark einfordert. Dabei handelt es sich um Zahlungsverpflichtungen aus einem städtebaulichen Vertrag aus dem Jahr 1996. Das geht aus einem Schreiben der Behörde hervor, das dem Abendblatt vorliegt.

"Bislang ist es noch nicht gelungen, den Vertrag vollständig abzuwickeln", schreibt Michael Sachs (SPD), Staats-rat in der Stadtentwicklungsbehörde (BSU), an seine Amtskollegen. Insbesondere seien noch Forderungen der Stadt an Hagenbeck offen, die bislang nicht durchgesetzt werden konnten.

Der offene Betrag war bei der Sparrunde im Herbst 2010 noch unter der schwarz-grünen Koalition in den Blick der Behörde geraten. Jetzt will Staatsrat Sachs den Fall offenbar abschließen - und das Geld vom Tierpark eintreiben.

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Daran war allerdings schon der Vorgängersenat gescheitert, wie Sachs seinen Kollegen berichtet. Hagenbeck-Geschäftsführer Joachim Weinlig-Hagenbeck sei bei den Gesprächen vor einem Jahr "zu keinerlei Zahlungen" bereit gewesen. "Er beruft sich auf einen angeblich mündlich geäußerten Verzicht eines Beamten der BSU, den er jedoch namentlich nicht benennen konnte." Eine Prüfung habe ergeben, dass ein solcher Verzicht nicht ausgesprochen wurde. Sachs schlägt dem Tierpark vor, den Betrag in Raten zurückzuzahlen. Gleichzeitig macht er deutlich, wie ernst die Lage ist. "Ich sehe allerdings haushaltstechnisch keine andere Möglichkeit, als die Forderungen gerichtlich geltend zu machen, wenn die Zahlung nicht in angemessener Frist erfolgt."

Die Forderungen ergeben sich aus einem Deal zwischen der Stadt und zwei Hagenbeck-Gesellschaften, der dem privat geführten Tierpark Geld in die Kasse spülen sollte. Zu diesem Zweck hatten beide Seiten Grundstücke getauscht, sodass Hagenbeck diese gemäß eines neuen Bebauungsplans gewinnbringend veräußern konnte. Das war in dem Vertrag 1996 vereinbart worden, im Gegenzug ging der Tierpark eine - inzwischen erfüllte - Investitionsverpflichtung über 17 Millionen Euro und die besagten Zahlungsforderungen in Höhe von etwa zwei Millionen Euro ein. Diese setzen sich zusammen aus einem Wertausgleich für den Flächentausch in Höhe von 274 953,86 Euro an die Finanzbehörde, einer Rückzahlung von 1 203 859,89 Euro für 90 Autostellplätze in dem neuen Parkhaus an die Wirtschaftsbehörde sowie einer Forderung des Bezirksamts Eimsbüttel, das 613 000 Euro für Umweltausgleichsflächen vorgestreckt hatte.

Genau über diese Posten ist nun der Streit entbrannt. "Aus unserer Sicht bestehen diese Forderungen nicht mehr", sagte Weinlig-Hagenbeck dem Abendblatt. Zu den Details wollte er sich wegen des laufenden Verfahrens nicht äußern. Die Stadt habe damals auf die Zahlung verzichtet, "sonst hätten wir weder das Tropen-Aquarium noch das Eismeer bezahlen können". Der Tierpark klagt seit Jahren über die wirtschaftlich schwierige Situation, sich als privat geführter Tierpark gegen die bundesweite Konkurrenz der Zoos in kommunaler Trägerschaft zu behaupten (s. Infotext). Seit seiner Gründung vor 104 Jahren erhält Hagenbeck keine staatlichen Gelder für den laufenden Betrieb (Kosten: 35 000 Euro am Tag), sondern muss sich über Eintrittsgelder und Spenden finanzieren. Allerdings bekam der Tierpark kleinere Zuschüsse, nach Abendblatt-Informationen etwa 2003 für arbeitsmarkt- und strukturpolitische Maßnahmen von der Wirtschaftsbehörde, 2005/06 von der Umweltbehörde Geld für bessere Wassernutzung und in diesem Jahr für LED-Strahler im Eismeer-Neubau.

Ungleich größer ist das finanzielle Engagement bei besonderen Projekten zur Entwicklung und Sicherung des Tierparks. Viermal hat Hagenbeck, abgesehen von einer Anschubfinanzierung für das Delphinarium 1969 (eine Million Mark), öffentliche Zuschüsse bekommen. Gesamthöhe: 24 Millionen Euro. Nach Angaben des Senats flossen 2002 zur Mitfinanzierung des Orang-Utan-Hauses 4,6 Millionen Euro, 2005/06 waren es zehn Millionen Euro für Tropen-Aquarium und Elefantenhalle, 2007 schoss die Stadt für die Erneuerung des Panorama-Felsens 1,5 Millionen Euro zu. Und 2009 kamen 7,5 Millionen Euro aus Mitteln des Konjunkturpakets II für den Neubau des 20 Millionen teuren Eismeers.

Ob Hagenbeck jetzt in der Lage ist, die zwei Millionen Euro zu bezahlen, ist fraglich. Laut Weinlig-Hagenbeck kann der Park mit 1,5 Millionen Besuchern in diesem Jahr zwar ein leichtes Plus verzeichnen. "Aber nach dem schlechten Sommer und Herbst arbeiten wir gerade mal kostendeckend."

Auch die Stadt hat Verständnis für den Touristenmagneten. "Wir wollen den Tierpark nicht gefährden. Jetzt geht es darum, eine Lösung zu finden, die für alle tragbar ist", sagte Sachs. Der SPD-Senat habe den Vorgang geerbt und wolle nicht bewerten, wer da was verschlafen habe. Sachs machte aber auch deutlich, dass es sich um eine berechtigte Forderung handelt. Mitte November soll es ein Gespräch geben.