Eine Glosse von Nico Binde

Ein großer Vorzug Hamburgs sind ja die hier praktizierenden Köche. Viele kommen aus fernen Ländern, eröffnen Restaurants und erfreuen den aufgeschlossenen Großstädter mit schmackhafter Kost. Nur allzu gern löffelt man sich durch rumänische Hühnersuppe oder zersägt Teile des jungen Kobe-Rindes.

Dabei kommt den internationalen Köchen der Umstand zugute, dass hier sehr viele Journalisten leben. Bekanntermaßen ist der überwiegende Teil der schreibenden Zunft ungeheuer schlau und überaus weltoffen. Viel wichtiger ist aber, dass Journalisten viele Wörter kennen und gern essen gehen. Nur wenige kennen nicht so viele Wörter, gehen aber auch gern essen. Es sind Journalisten wie ich.

Warum ich das hier ausbreite? Nun, neulich waren wir beim Bretonen in der Neustadt. Dort stehen sehr interessante Sachen auf der Speisekarte. Unter anderem herzhafte Buchweizen-Galettes mit Kuttelwurst. Weil ich mich an das schöne Wort Kuddelmuddel erinnert fühlte, bestellte ich eine Portion und war weit davon entfernt, Verdacht zu schöpfen, als unter meinen Begleitern der Kommentar "mutig" die Runde machte. Irgendwann zwischen dem fünften und sechsten Bissen eröffnete mir dann der Kellner, dass mein Interesse an den genauen Zutaten sehr lobenswert sei, aber vielleicht etwas spät komme. Doch er sei gern bereit, mir alles zu erklären. Ohnehin habe er sich seit meiner Bestellung gefragt, ob ich Bretone sei oder nur einen krankhaften Hang zu authentischer Küche habe. Denn die Wahl des Kuhmagens sei schon speziell - für einen Deutschen.

Nachdem ich mich also in der Vergangenheit durch sehr viele Innereien gegessen und mir sorgfältig die Namen notiert hatte, kamen nun noch Kutteln hinzu. Das ist nicht schlimm. Man lernt nie aus. Viel beunruhigender ist, dass anscheinend noch kein schlauer Journalist den Ursprung des Kuddelmuddels klären konnte.