Ein Abgesang von Udo Fuchs

Es ist Herbst, nicht nur in meinem Leben, sondern auch jahreszeitlich gesehen. Von Jugend an habe ich bis heute gerne zu dieser Jahreszeit selbst gebastelte oder gekaufte Drachen in den Himmel steigen lassen. Als Flughafenanwohner darf ich dieser Leidenschaft aufgrund eines Verbotes in der Nähe meines Wohnortes schon seit Jahren nicht mehr frönen. Dagegen muss ich den zunehmenden Fluglärm klaglos erdulden. Als friedliebender Hanseat mit Migrationshintergrund (Schwabe) nutzte ich diesmal das herrliche Drachenwetter, um am Elbdeich den dort friedlich grasenden Schafen etwas Abwechslung zu bieten. Als dank guter Thermik meine Drachen den Himmel ebenso friedlich wie die Schafe die Wiesen bevölkerten, kam ein grüner, mit Feldstecher bewaffneter Landschaftsordnungshüter auf mich zu und erklärte mir unmissverständlich, ich befände mich hinter dem Gatter in einem Landschaftsschutzgebiet, wo das Drachensteigenlassen verboten sei. Meine Frage, ob meine Drachen das Brutgeschäft der Kiebitze oder anderer Tierarten zu dieser Jahreszeit stören würden, blieb unbeantwortet. Die Schafe jedenfalls grasten unbeeindruckt weiter und fühlten sich offensichtlich sehr wohl.

Ich hielt die Ermahnungen des grünen Tierschützers zunächst für die Marotte eines Einzelnen, wurde jedoch beim Verlassen des Elbdeiches eines Besseren belehrt. Da stand doch ein kleines unauffälliges Schildchen: Landschaftsschutzgebiet. Drachen steigen lassen verboten!

Als Mitglied der aussterbenden analogen Gesellschaft werde ich zukünftig wohl meine Drachen digital steigen lassen, nachdem die meisten Wiesen und Felder eingezäumt und die verbliebenen Flächen mit Verbotsschildern zugepflastert worden sind.

Dr. Udo Fuchs ist Abendblattleser