Fast in letzter Minute haben sich die Gewerkschaft der Fluglotsen (GdF) und die Deutschen Flugsicherung (DFS) gestern geeinigt. Es kommt nicht zum Streik. Beschädigt aber bleibt nach dem monatelangen Gezerre die Tarifautonomie. Die Fluglotsen haben auf unselige Weise wiederholt, was die Lokführergewerkschaft GdL seit Jahren ungerührt vorexerziert. Eine winzige Berufsgruppe, die an einer zentralen Schaltstelle unseres Verkehrssystems sitzt, verunsichert mit Streikdrohungen ein ganzes Land.

Das relativ freie Spiel der Kräfte zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern in Deutschland - vor allem bei der Gestaltung von Tarifverträgen - ist ein hohes Gut. Das impliziert aber auch eine hohe Verantwortung für das Gemeinwohl. Besonders dann, wenn man, wie Lokführer und Fluglotsen, die öffentliche Mobilität mit Arbeitskämpfen erheblich beeinträchtigen kann. Bei der GdL verliert man mittlerweile fast den Überblick, ob eine Streikdrohung der Lokführer noch zu einem alten Konflikt zählt oder nahtlos bereits in einen neuen mündet.

Angesichts der wirtschaftlichen Probleme, die Deutschland und Europa zu bewältigen haben, sind die Streitpunkte der Fluglotsen eine Petitesse. Es ist gut, dass die Regierung in Deutschland nicht einfach militärische Fluglotsen abkommandieren kann, um streikende Luftraumkontrolleure zu ersetzen, wie es vor einiger Zeit in Spanien geschehen ist. Das ändert nichts daran, dass die Gewerkschaft der Fluglotsen bei ihrem Arbeitskampf die Verhältnismäßigkeit der Mittel aus den Augen verloren hat. Für die Lokführer ist das ja bereits Standard.