Die neue Abendblatt-Karte zeigt, was Bürger und Unternehmer aus Hamburg an Parteien spenden. Die CDU erhält zehnmal so viel Geld wie die SPD.

Hamburg. Hamburger Bürger und Unternehmer füllen die Kassen der deutschen Parteien. Jedes Jahr stellen hanseatische Großspender den deutschen Parteien sechs- oder siebenstellige Beträge zu Verfügung. Allein im Superwahljahr 2009 - als der Bundestag, das Europaparlament, die Landtage in Hessen, Sachsen, Thüringen, Saarland, Brandenburg und Schleswig-Holstein neu gewählt wurden - gaben Hamburger Großspender den Parteien mehr als 1,9 Millionen Euro.

Diese Spenden verteilen sich sehr ungleichmäßig. Die hanseatischen Großspender bevorzugen die CDU deutlich gegenüber FDP, SPD, Grünen/GAL, CSU und Linke.

Das zeigt eine exklusive Abendblatt-Analyse der Parteirechenschaftsberichte der Jahre 2002 bis 2009. In den Rechenschaftsberichten, die mit zweijähriger Verzögerung erscheinen, sind alle Großspender mit Namen, Anschrift und Summe verzeichnet. Als Großspender gilt, wer im Jahr mehr als 10 000 Euro einer Partei spendet.

Das Abendblatt hat mithilfe von Texterkennungssoftware alle Parteispender in Deutschland erfasst und in eine Datenbank eingebracht. So lassen sich erstmals präzise Aussagen über die exakten Spendensummen, die politischen Präferenzen und das Spendenverhalten vermögender Hamburger und ihrer Unternehmen machen. Nicht berücksichtigt wurden alle Spender, die weniger als 10 000 Euro im Jahr gegeben haben. In den acht untersuchten Jahren gaben Hamburger Großspender demnach mehr als 7,1 Millionen Euro an die Bundestagsparteien. Davon erhielt die CDU mit rund fünf Millionen Euro den zehnfachen Spendenbetrag der SPD. Die Sozialdemokraten wurden von Großspendern lediglich mit einer halben Million Euro bedacht.

Im untersuchten Zeitraum regierte in Hamburg die CDU, zunächst zusammen mit der Schill-Partei, ab 2004 allein und dann ab 2008 mit der GAL.

Fast den gleichen Betrag an Großspenden wie die SPD erhielten die FDP (663 000 Euro) und die Grünen (660 000 Euro). Bei den Grünen tragen allerdings die eigenen Bundestagsabgeordneten maßgeblich zu diesem Spendenaufkommen bei. Selbst die CSU kassierte 200 000 Euro aus Hamburg. Die Partei Die Linke folgte abgeschlagen mit 70 000 Euro.

Auch aus anderen deutschen Großstädten floss viel Geld in die Parteikassen. Münchner Großspender überwiesen von 2002 bis 2009 rund 20,2 Millionen Euro - mehr als doppelt so viel Geld wie die Hamburger. Auch aus Frankfurt (11,2 Millionen) und Stuttgart (8 Millionen) kamen mehr Spenden als aus der Hansestadt. Hamburg befindet sich im Vergleich der Metropolen auf Rang vier noch knapp vor Berlin. Von den Großspendern in der Hauptstadt erhielten die Parteien 6,4 Millionen Euro.

+++ SPD-Kandidat spendete der CDU 100.000 Euro +++

+++ CDU bekam im vergangenen Jahr die meisten Parteispenden +++

Drei der zehn großzügigsten Einzelspenden im Superwahljahr kamen aus Hamburg, sie alle gingen an die CDU. Der im vergangenen Jahr verstorbene Chemiehändler und Mäzen Hermann Schnabel gab 400 000 Euro, die Berenberg Bank 250 000 Euro und die Clou Container Leasing GmbH 220 000 Euro. Parteispenden sind nicht unumstritten: Während ihre Befürworter die Zuwendungen als wichtig für die Parteiendemokratie loben, monieren Kritiker, dass hohe Firmenspenden einen Versuch darstellen könnten, Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen. Seit den großen deutschen Spendenskandalen um Flick und Kohl gibt es in politischen Kreisen das geflügelte Wort der "Landschaftspflege".

Auch die größte Einzelspende des Superwahljahres 2009 machte deutschlandweit Schlagzeilen. Die Düsseldorfer Substantia AG des Hotelunternehmers August Baron von Finck hatte den Liberalen 850 000 Euro gespendet. Auch die CSU wurde mit mehreren Hunderttausend Euro bedacht. In den schwarz-gelben Koalitionsverhandlungen setzten FDP und CSU im Herbst 2009 eine Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf Hotelübernachtungen durch. Die FDP hatte einen Zusammenhang stets empört von sich gewiesen.

Dennoch fordern Kritiker verstärkt eine Reform der Spendenregeln. Der Verein LobbyControl möchte die erlaubte Spendenhöhe auf 50 000 Euro begrenzen und die Veröffentlichungspflichten erheblich verschärfen. Der renommierte Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim fordert im Gespräch mit dem Abendblatt gar ein Verbot von Unternehmens- und Verbandsspenden. "Spenden von diesen sogenannten juristischen Personen müssen untersagt werden. Unternehmen dürfen nicht wählen. Daher steht es ihnen auch nicht zu, auf dem Umweg der Spende politischen Einfluss auszuüben."

Kritik an den deutschen Spendenregeln kommt auch aus Europa. Die "Staatengruppe gegen Korruption" (Greco), ein Organ des Europarats, hatte Deutschland in einem Bericht mangelhafte Spendenregeln attestiert. Im Jahr 2009 schickte Greco dem Bundestag eine Liste mit Verbesserungsvorschlägen. "Eine deutliche Absenkung des Grenzwerts für die Bekanntgabe von Spenden und Spendern sollte erwogen werden", hieß es darin. Darüber hinaus empfahl die Greco: "Ein Verfahren für die Veröffentlichung von Rechenschaftsberichten für den Wahlkampf auf Bundesebene sollte eingeführt werden, das die Informationen kurz nach den Wahlkämpfen verfügbar macht." Bislang werden Großspenden bis zu zwei Jahre später veröffentlicht.

Bis Juni 2011 hatte Deutschland Zeit, über die Umsetzung der Empfehlungen an Greco zu berichten. Einen Tag vor Ablauf der Frist setzte die Regierungskoalition im Innenausschuss des Bundestags einen Wortlaut durch. Die Empfehlungen seien zur Kenntnis genommen. Verändert wurde nichts.