Eine Glosse von Geneviève Wood

Gebären unterm Sternenhimmel, mit Tüll vor den Fenstern, im Feng-Shui-Ambiente oder mit Blumenmotiven an den Wänden. Hamburgs Geburtskliniken lassen sich einiges einfallen, um Schwangere zur Entbindung in ihre Häuser zu locken. Sie verschenken Strampelanzüge und Schlafsäckchen für die Neugeborenen. Und sie schrecken nicht davor zurück, Erwachsene in Storchenkostüme zu stecken. Die müssen in der Stadt herumlaufen und Kärtchen mit aufgeklebten Schokomarienkäfern verteilen.

Die Erstgebärenden lassen sich von dieser PR-Maschinerie eher einlullen als die, die schon mal Kinder bekommen haben. Auf den üblichen Informationsabenden für werdende Eltern in den Krankenhäusern stellen diese Frauen, die noch nie ein Kind bekommen haben, noch Fragen wie: "Und ist die Gebärwanne gelb oder rot?" "Darf ich mir den Kreißsaal aussuchen? Ich fand die mintgrünen Vorhänge in Saal 1 schöner als die blauen im Saal daneben." Und: "Ich möchte aber keine PDA, sondern nur homöopathische Mittel." Unwissenheit ist niedlich.

Welche Farbe die Decke im Kreißsaal hat, wenn die Wehen das tun, was Wehen so tun, ist den Frauen in dem Moment so egal, wie das Aromaöl, das die Hebamme fürs Wohlbefinden auf die Unterseite des Handgelenks tröpfelt. "Wenn es soweit ist, ist das alles schnuppe", gibt ein Frauenarzt zu. Aber die Frauen würden sich davor und danach wohlfühlen. Die Wahrheit ist: Kinderkriegen tut weh! Von der Geburt ihrer Kinder erzählen Eltern immer gern und oft und ungefragt. Nur die Farbe der Tüllvorhänge am Kreißsaalfenster erwähnt niemand.