Über Burn-out zu reden ist gut, es zu verharmlosen wäre falsch

Der Druck wird immer mehr. Schnell geht einem heute dieser pauschale Satz über die Lippen, wenn man versucht, Erklärungen für das Burn-out-Syndrom zu finden. Und für die steigende Anzahl Menschen, die daran leiden.

Doch was ist Druck - und wird er wirklich mehr? Kann man in Zeiten, in denen noch Mütter leben, die als Witwen mehrere Kinder durch den Zweiten Weltkrieg gebracht und Deutschland danach mit bloßen Händen wieder aufgebaut haben, davon sprechen, dass wir heute unter einem größeren psychischen Druck stehen?

Ja, man kann. Seelische Belastung ist nichts Objektives, und das Abwägen, ob es die einen oder die anderen Menschen diesbezüglich schlechter hatten oder haben, hilft niemandem. Aber man muss sich fragen, welche Faktoren derzeit auf uns einwirken, dass es überhaupt dazu gekommen ist, der steigenden Anzahl an totalen Erschöpfungszuständen einen Namen zu geben. Und was wir tun können, damit Burn-out nicht zur Geißel unserer Gesellschaft wird.

In der globalisierten Welt und einer Informationsgesellschaft, die keine natürliche Grenzen mehr dafür kennt, was auf uns einprasselt, kann man nicht alles wissen und können - und muss es auch nicht. Deshalb sollte auch nicht versucht werden, Kindern schon früh höchste Leistungen in möglichst vielen Bereichen abzuverlangen. Die Konzentration auf die individuellen Fähigkeiten eines jeden Einzelnen muss in der Schule und auch im Beruf wieder Priorität erhalten. Nicht zuletzt sind Zufriedenheit und Gesundheit auch ein ökonomischer Vorteil für Unternehmen.

Den Begriff Burn-out eingeführt zu haben war deshalb absolut richtig. Er hat psychische Probleme in gewisser Weise gesellschaftsfähig gemacht. Er hat gezeigt, dass es jeden treffen kann. Und er hat die Grundlage dafür geschaffen, nicht nur offener darüber sprechen, sondern auch ohne Scham um Hilfe bitten zu können. So heißt ausgebrannt heute nicht mehr ausgegrenzt. Nur vor einem muss diese Entwicklung jetzt haltmachen: davor, Burn-out als etwas anzusehen, was man eben mal so hat.