Neue Initiative fördert Jugendliche von der 8. Klasse bis zum Abitur. Wozu sie das Geld nutzen wollen

HafenCity. Sie hatten sich feingemacht. Die Jungen trugen weiße Hemden zu dunklen Hosen, die Mädchen Kleider und hohe Schuhe. In den historischen Gemäuern des Internationalen Maritimen Museums Hamburg wurden sie gestern als erste Stipendiaten der neuen Initiative Grips gewinnt vorgestellt. Die 27 Mädchen und 23 Jungen kamen aus Hamburg, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern. Sie waren unter 270 Bewerbern ausgewählt worden, die sich um das Schülerstipendium bemüht hatten. Die Auserkorenen hatten die Jury nicht nur durch ihre guten schulischen Leistungen, sondern auch durch ihr ehrenamtliches Engagement überzeugt.

Vor Beginn der feierlichen Veranstaltung standen die zwischen 14 und 17 Jahre alten Jugendlichen in kleinen Gruppen beisammen. Thema Nummer eins: das Stipendium. Es bietet den Schülern ein umfangreiches Bildungsprogramm mit Wochenendseminaren, Sommerakademien, Ausflüge zu internationalen Unternehmen und kulturellen Veranstaltungen. Dabei stehen Themen wie Kommunikation, Wirtschaft, Staat, Gesellschaft sowie Berufs- und Studienwahl auf dem Stundenplan. Außerdem gewährt es den Schülern ein Bildungsstipendium von durchschnittlich 150 Euro im Monat.

"Das Geld hilft mir sehr", sagt Amirath, 14-jährige Steilshooperin, die die 8. Klasse der Schule am See besucht. "Manche Klassenausflüge konnte ich in der Vergangenheit nicht mitmachen, weil sie zu teuer waren." Durch das Stipendium, das ihr im vergangenen Monat erstmals überwiesen worden ist, konnte sie bereits an einer Klassenfahrt zur Ideen-Expo nach Hannover teilnehmen. Außerdem hat sich die Leseratte mit den Lieblingsfächern Deutsch, Gesellschaft und Kunst das Buch "Sofies Welt" gekauft - die Biografie von Marie Antoinette soll noch folgen, ebenso wie Lehrmaterial für Spanisch und Mathe.

Auch Adelina, 15, aus Fuhlsbüttel kann sich durch das Stipendium vieles leisten, das ihr sonst verwehrt geblieben wäre. Noch überlegt die Zehntklässlerin des Carl-von-Ossietzky-Gymnasiums, was zuerst kommt: ein Abonnement des "Stern" oder eines von "Geo" - oder eine Reise nach Bremen zur gerade eröffneten Chemie-Ausstellung "T-Shirts, Tüten und Tenside". Auch eine Teilnahme an der Chemie-Olympiade ist jetzt drin, die - sofern man weiterkommt - mit Reisekosten verbunden ist. Und später vielleicht eine Sprachreise nach England.

Eine Reise ins Ausland ist auch ein langgehegter Wunsch von Andrej, 16, aus der Neustadt. Er interessiert sich für Mathe und Betriebswirtschaft und besucht das Wirtschaftsgymnasium auf St. Pauli. "Es ist fantastisch, dass ich es mir vielleicht wirklich mal leisten kann, drei Wochen nach Amerika zu fahren", sagt er. Außerdem möchte der gebürtige Ukrainer, der als Siebenjähriger nach Deutschland kam, an der Uni Mathekurse besuchen.

Für Cem, 17, aus Eimsbüttel, bedeutet das Stipendium, dass er endlich Klavierunterricht nehmen kann. "Außerdem", sagt der Schüler des Helene-Lange-Gymnasiums, "kann ich mir Chemikalien zum Experimentieren kaufen und viele Fachzeitschriften - eine herrliche Sache!"

Ein entscheidender Aspekt von Grips gewinnt ist die Unterstützung der Schüler bei den Planungen ihres Lebens- und Bildungsweges. "Unser Ziel ist, dass die Stipendiaten Karriere machen", sagt Günter Gerstberger von der Robert-Bosch-Stiftung, "und zwar in Berufen, die ihren Neigungen entsprechen". Doch es gehe nicht nur um Wissensvermittlung. Es werde erwartet, dass sich die Jugendlichen während des Stipendiums mit naturwissenschaftlichen und gesellschaftspolitischen Themen vertraut machen, ihre Redegewandtheit optimieren und ihre Persönlichkeitsbildung abschließen.

Was die Jugendlichen von ihrem Stipendium erwarten, hatten sie auf selbst gebastelte Schilder geschrieben, die sogenannten Grips (Grips bedeutet nicht nur umgangssprachlich Köpfchen, sondern auf Englisch auch Griffe, Haftungen). Diese präsentierten sie auf der Feier den Gästen. Andrej etwa verspricht sich, dass es durch das Stipendium "Chancen" bekommt, Cem "Talentförderung" und Amirath "Vertrauen, das uns aufbaut".

"Das Projekt Grips gewinnt gibt den Stipendiaten die Werkzeuge in die Hand, um Hürden zu überwinden - entweder auf dem Weg zum Fachhochschulabschluss oder auf dem Weg zum Abitur", sagte Bürgermeister Olaf Scholz, der zur Auftaktveranstaltung des Bildungsprojekts gekommen war.

Amiri und Amidola Golalai aus Billstedt sitzen im Publikum und hören ihm zu. Sie sind dankbar, dass ihr Sohn Sohmab, 15, mithilfe des Stipendiums die Hindernisse überwinden wird, die ihm durch seine Herkunft im Wege stehen. "Das ist eine große Freude", sagt Amiri Golalai in gebrochenem Deutsch. Sieben Kinder hat die Afghanin, vier Mädchen und drei Jungen. Ihr Mann hat zurzeit keine Arbeit, er ist krank, besucht jetzt einen Deutschkurs. Sohmab wird Karriere machen, das sind sich die Eltern sicher. "Er ist unser bester Sohn", sagt die Mutter und lächelt stolz.