Ein Kommentar von Peter Wenig

In der Stunde der Niederlage, heißt eine alte Weisheit im Sport, zeigt sich wahre Größe. Wie oft Fußballer in dieser Disziplin kläglich versagen, ist an jedem Spieltag zu besichtigen, wenn vor den TV-Kameras aufgesetzte Schönrednerei, konstruierte Schuldvorwürfe oder wilde Verschwörungstheorien im Minutentakt wechseln.

Auch Dirk Nowitzki hätte nach dem bitteren Aus mit der Basketball-Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft in Litauen lamentieren können. Über Schiedsrichter, die einen Weltstar wie ihn nicht genügend schützten, über den Modus, der ihn zu fünf Spielen in sechs Tagen zwang, oder über Mitspieler, die - naturgemäß - niemals auch nur annähernd sein Niveau erreichen werden.

Stattdessen nahm Nowitzki schlicht die ganze Last der Verantwortung auf seine Schultern: "Es lag an mir. Ich war nicht in der Verfassung, ein solches Turnier zu spielen." Sätze, die zunächst grotesk klingen. Schließlich zählte Nowitzki trotz einer Marathon-Saison von über 100 kräftezehrenden Spielen in der nordamerikanischen Profiliga NBA auch bei dieser EM zu den besten Spielern.

Die harte Selbstkritik sagt indes alles über einen wahren Champion. Ein Nowitzki stellt höchste Ansprüche an sich selbst - und verankert ein Scheitern immer zunächst an der eigenen Person. Dirk Nowitzki mag bei der EM sein großes Ziel verfehlt haben. Sein Ansehen als einer der Größten der deutschen Sportgeschichte ist im kleinen Litauen noch einmal gewachsen. Ein echtes Vorbild. Nicht nur im Basketball.