Das Unternehmen H&R investiert 45 Millionen Euro in Spezialanlage. Es entstehen zwölf neue Arbeitsplätze, andere Jobs werden gesichert.

Hamburg. Während der Mineralölkonzern Shell seine Raffinerie in der Hansestadt mangels Erfolg aufgeben will, setzt das Hamburger Unternehmen H&R auf den Standort. Auf dem Gelände der H&R Ölwerke Schindler in Neuhof im Hafen hat die mehrheitlich der Hamburger Familie Hansen gehörende Firma jetzt für 45 Millionen Euro eine Spezialanlage zur Herstellung von Bitumen, Paraffinen oder etwa auch Weichmachern für die Reifenindustrie errichtet. Morgen wird sie eingeweiht. Ein imposantes Bauwerk, das sich über eine Fläche von zwölf Tennisplätzen erstreckt. Verbaut wurden dafür unter anderem 450 Tonnen Stahl und 2000 Kubikmeter Beton.

In der neuen Propanentasphalierungsanlage (PDA), werden zwar nur zwölf Mitarbeiter beschäftigt. "Aber die Anlage sichert die Zukunft unserer bestehenden Raffinerie auf dem Gelände mit 250 Mitarbeitern", sagte H&R-Raffineriegeschäftsführer Detlev Wösten dem Abendblatt. Deren Betrieb hätte sich sonst möglicherweise nicht mehr rentiert. "Zusätzlich zu unseren eigenen Arbeitsplätzen können wir mit der neuen Technik nochmals rund 250 Stellen bei Zulieferern und anderen Fremdfirmen sichern", sagte Wösten.

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H&R stellt rund 800 verschiedene Spezialprodukte her, die auf dem Grundstoff Mineralöl basieren. So beliefert das Unternehmen Kosmetikkonzerne mit Paraffinen für Cremes, Druckereien mit Ölen für die Druckfarben oder die Reifenindustrie mit Weichmachern. H&R-Miteigner Nils Hansen hat große Pläne in der Hansestadt. "Wir haben das Ziel, die Raffinerie in Zukunft erheblich zu erweitern", sagte er dem Abendblatt. "Dafür werden Investitionen im dreistelligen Millionenbereich erforderlich sein. Dort könnten nochmals zahlreiche neue Jobs entstehen."

Doch zuvor will sich Hansen bei der PDA einen lang gehegten Traum verwirklichen. Er will erreichen, dass keine niederwertigen Produkte wie Abfälle bei der Produktion von chemischen Spezialitäten aus Öl und Gas entstehen. "Bisher stellen wir jedes Jahr noch 200 000 Tonnen Heizöl als Überbleibsel aus unserer Produktion her. Künftig wollen wir neue Verfahren entwickeln, damit auch dieser Ölrest nicht zum Heizen verbrannt werden muss, sondern in innovative Produkte verarbeitet werden kann." Die Forschungsarbeit sei nahezu abgeschlossen. In der Industrie bestehe großes Interesse an den neuen Erzeugnissen "made in Hamburg".

Laut Hansen ist die PDA damit auf dem besten Weg, Deutschlands umweltschonendste Raffinerie zu werden. Denn der Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2), der in üblichen Spezialraffinerien durch die Verbrennung von Öl entsteht, entfällt mit der neuen Produktionstechnik. Allein dadurch könnten jährlich bis zu 700 000 Tonnen CO2 eingespart werden.

"In Zukunft wollen wir unser Know-how weltweit vermarkten", sagte Hansen, der bereits Kooperationen mit Raffinerien in den Vereinigten Staaten und in China betreibt. Die PDA-Technik plus Hansens Innovation könnten Mitbewerber dann gegen eine Beteiligung von H&R an ihrem Betrieb nutzen oder gegen die Zahlung einer Lizenzgebühr. Gespräche mit Unternehmen in Nordamerika und Asien laufen nach Hansens Angaben bereits.

Die H&R-Gruppe hat ihren Ursprung im Jahr 1919. Damals gründete Nils Hansens Großvater in Hamburg ein Handelshaus für Vaseline und Weißöle. Unter Leitung des Enkels wurde das Unternehmen vom reinen Händler zum Produzenten ausgebaut. Im vergangenen Jahr überschritt der Umsatz des Konzerns erstmals die Milliardenschwelle. Allein in Hamburg arbeiten 650 der rund 1600 Mitarbeiter. "Und wir haben noch einiges vor", so der 71-jährige Hansen, der schon an der nächsten, noch geheimen Erfindung für sein Unternehmen bastelt.