Frauen können, nicht nur bei Airbus, mit technischer Ausbildung besser Karriere machen

Am Arbeitsmarkt bricht zunehmend ein Kampf um die besten Fachkräfte und den begabtesten Nachwuchs aus. Die Brisanz der Lage zeigt sich am deutlichsten daran, dass sich Konzerne immer aktiver darum bemühen, auch Frauen für ihre Unternehmen zu gewinnen. Das Potenzial an Männern reicht mittelfristig nicht mehr aus, um eingeschlagene Wachstumskurse fortzusetzen. Insofern wird die drohende Überalterung der Gesellschaft zum Geburtshelfer einer neuen und längst überfälligen Emanzipationsbewegung in der Berufswelt.

Wenngleich das neue Werben auch aus einer betriebswirtschaftlichen Notwendigkeit heraus geboren wird, so ist diese Entwicklung durchweg zu begrüßen. Kein Unternehmen kann und darf es sich heute mehr leisten, auf das Potenzial der Frauen zu verzichten - und zwar in allen Branchen. Sie verlassen nicht nur mit besseren Abschlüssen die Schulen und Universitäten, sondern sorgen mit sozialer Kompetenz oft für ein freundlicheres Betriebsklima und mit ihren Ideen für bessere Produkte.

Allerdings müssen sich gerade die technikorientierten Branchen einiges einfallen lassen, um Frauen für ihre bisher männerdominierten Betriebe zu begeistern. Hamburgs großer Arbeitgeber Airbus beschreitet einen guten Weg. Der Flugzeugbauer hat erkannt, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu den Kernvoraussetzungen gehört, um Frauen in die Montagehallen zu bringen. Bislang sind sie in der Produktion mit 13 Prozent Anteil noch eine Minderheit. Doch ihre Arbeit wird hoch geschätzt, da sie als besonders akkurat gelten und damit die Qualität steigern.

Es ist also nur klug, dass der Flugzeugbauer gleich mit einem Bündel an Maßnahmen aufwartet. Neben Kindergartenplätzen werden flexible Arbeitsmodelle wie "Telearbeit" oder Teilzeit angeboten. Jeder weiß, dass die zeitliche Anwesenheit im Betrieb nichts mit der tatsächlichen Leistung zu tun haben muss. Oft ist ein Pensum am heimischen Bildschirm schneller zu erledigen als im Unternehmen, wo Meetings und Telefonate den Arbeitsfluss behindern. Diese Modelle sollten deshalb für alle gelten.

Die bisher geringe Präsenz von Frauen in Technikberufen ist aber nicht nur den Firmen anzulasten. Wir brauchen ein grundlegendes Umdenken bei den Geschlechterrollen, das in der Erziehung beginnen muss. Mädchen sollten schon in der Schule stärker für Naturwissenschaften, Mathematik und Technik interessiert werden. Sie sind genauso intelligent wie ihre Klassenkameraden. Dies zu vermitteln ist Elternpflicht.

Technik ist zudem nicht nur etwas für Tüftler, sondern hat auch eine humane Komponente, wie sie von Frauen bevorzugt wird. Denn jede Innovation macht in der Regel das Leben komfortabler. Auch die Karrierechancen steigen mit einem Technikstudium. Absolventen sind begehrte Anwärter für Führungspositionen in der Industrie. Bislang wählen nur 15 Prozent der Studentinnen ein solches Fach - und berauben sich selbst der Möglichkeit aufzusteigen.

Die Auszubildenden von heute haben es deshalb selbst in der Hand, einen Technikberuf zu ergreifen. Er ist mittelfristig nicht nur aussichtsreich, sondern auch vergleichsweise gut bezahlt, was dem Selbstbewusstsein und der Selbstständigkeit jeder Frau nur guttun kann. Die Chancen stehen besser denn je - sie müssen nur ergriffen werden.