Weniger Bürokratie, transparente Förderung und 600 Hektar Gewerbefläche. Was die Handelskammer vom Senat in Hamburg erwartet.

Hamburg. Die Handelskammer ist mit einem umfangreichen Forderungskatalog an den Hamburger Senat herangetreten. Das Ziel der Initiative: Die Perspektiven für kleine und mittelgroße Firmen sollen verbessert werden. "Unser mittelständisch geprägter Standort steht gerade jetzt vor großen Herausforderungen", sagte Kammerpräses Fritz Horst Melsheimer. "In den kommenden Jahren wird es darum gehen, Wachstum trotz einer erneut schwierigen wirtschaftlichen Lage möglich zu machen." Dabei müsse man auch die "Standortkonkurrenz" durch die Umlandkreise im Auge behalten.

Eine zentrale Forderung der Handelskammer: "Die Vergabe von Gewerbeflächen muss schneller und unbürokratischer werden." Ein viel zu begrenztes Flächenangebot führe "fast schon zu einer Art Ansiedlungsabwehrstrategie Hamburgs ", sagte Hans-Jörg Schmidt-Trenz, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer: "Hier könnte und sollte aus unserer Sicht durch ein Gewerbeflächenentwicklungsprogramm mit einem Volumen von 600 Hektar gegengesteuert werden." Zum Vergleich: Die Außenalster ist etwa 160 Hektar groß.

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In der Wirtschaftsbehörde ist man sich der Problematik nach eigenen Angaben durchaus bewusst: "Neben der Neuausweisung ist auch Flächenrecycling, Brachflächenaktivierung und Nutzungsintensivierung ein großes Thema", heißt es dort. Nach Informationen des Abendblatts gehen die Behörden allerdings davon aus, bis zum Jahr 2015 nur 200 Hektar für Gewerbeflächen zur Verfügung stellen zu können; derzeit sind es bedeutend weniger.

Eine Ausweitung könnte jedoch einen Konflikt mit einem anderen Ziel des Senats bedeuten: Erst im Juli hatten sich die Bezirke und der Senat verpflichtet, pro Jahr 6000 Wohnungen zu bauen. "Wir freuen uns, dass durch den neuen Senat Bewegung in das Thema der Flächen gekommen ist", sagte Schmidt-Trenz. Es gelte, beim Ausweis von Flächen mögliche Interessenkonflikte mit der Wohnungswirtschaft bereits im Vorfeld zu lösen, so Melsheimer. Er zeigte sich überzeugt, dass Hamburg die 600 Hektar aufbieten kann: "Dies ist die am wenigsten dicht besiedelte Metropole in Deutschland."

Doch auch die Vergabe von Gewerbeflächen an die ansiedlungswilligen Unternehmen müsse vereinfacht werden. Bisher seien mehrere öffentliche Stellen an der Entscheidung beteiligt - "neben der Hamburgischen Gesellschaft für Wirtschaftsförderung (HWF) vor allem die Finanz- und die Wirtschaftsbehörde, der jeweilige Bezirk und sogar ein parlamentarisch besetzter Ausschuss". Die HWF habe dabei lediglich eine Lotsenfunktion. Anders als Wirtschaftsförderungsgesellschaften im Umland könne sie nicht eigenverantwortlich und damit schnell entscheiden, ob eine Firma bestimmte Flächen erhält.

Nach den Vorstellungen der Kammer soll die HWF unter dem "international marktgängigen Namen Hamburg Invest" zu einer konkurrenzfähigen Investitionsgesellschaft, die ausreichend städtische Grundstücke zur eigenen Verfügung habe und sie auch verkaufen könne, ausgebaut werden. "Für die wirtschaftliche Entwicklung Hamburgs ist es unbedingt nötig, dass dies mit Vorrang angepackt wird", so Melsheimer.

Zusammen mit anderen Forderungen steht diese in einem Standpunktepapier, in das auch die Ergebnisse einer Umfrage unter 850 mittelständischen Betrieben eingeflossen sind. Das Ziel der Kammer ist es, eine dritte "Mittelstandsvereinbarung" mit dem Senat abzuschließen, so wie bereits in den Jahren 2002 und 2008.

So brauche Hamburg unter anderem eine Reform der Unternehmensförderung, sagte Schmidt-Trenz: "Gerade mal ein Viertel der Firmen kennt nach eigenem Bekunden die relevanten Ansprechpartner für die städtischen Förderprogramme." Benötigt werde ein übergreifendes "Förderinstitut", bei dem sich die Unternehmen aus einer Hand über die verschiedenen Programme informieren können. Damit ließen sich sogar Synergien nutzen und Steuergelder einsparen, hieß es. Zudem müsse eine Anschlusslösung für einen Ende 2010 ausgelaufenen Fonds, der technologieorientierte Geschäftsideen förderte, gefunden werden.

Darüber hinaus schlägt die Kammer eine "E-Government-Offensive für die Wirtschaft" vor. So seien etwa in Österreich alle Verwaltungsverfahren über ein einheitliches Internetportal zugänglich. In Hamburg aber finden laut der Umfrage zwei Drittel der Unternehmen die entsprechenden Angebote der Stadt mittelmäßig oder schwach - oder sie kennen sie nicht. "Wir stellen uns eine Verwaltung vor, die so einfach funktioniert wie Onlinebanking und Amazon", sagte der Handelskammer-Hauptgeschäftsführer.

Eine weitere Forderung betrifft die sogenannte Einfuhrumsatzsteuer: Wenn Unternehmen Waren importieren, müssen sie diese Steuer sofort bezahlen, erst nachträglich kann sie im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung wieder abgezogen werden. "Dadurch haben die Firmen zwischen der Zahlung und dem Abzug weniger Liquidität - dieses Geld fehlt dann", so Schmidt-Trenz. In den Niederlanden werde die Einfuhrumsatzsteuer dagegen nachträglich erhoben: "Der Hafen Rotterdam steht also besser da." Daher müsse sich der Senat beim Bund für eine Angleichung an die niederländische Praxis einsetzen.