Eine Glosse von Silvia Stammer

Manche Angewohnheiten der Mitmenschen sind wie Rote Bete: Man liebt sie, oder man hasst sie. Dazu gehört das sogenannte Landungsklatschen. Damit ist kein neuer bösartiger Begriff aus der Jugendkultur gemeint, sondern der Ausdruck der Begeisterung von Fluggästen, wenn das Fahrwerk der Maschine die Piste berührt. 40 Prozent der Passagiere heben gerne die Hände zum Himmel, wie jetzt die Umfrage eines Reise-Internetportals ergab.

Vielflieger rümpfen über so viel Bodenständigkeit die champagnerverwöhnte Nase. Dabei hat selbst die Benimmfibel Knigge durchaus Verständnis für den Beifallssturm aus den Wolken: Es sei schließlich normal, Menschen zu danken, die etwas könnten, was man selbst nicht kann oder über deren Einsatz man besonders froh ist. Dieser Ansatz könnte beflügeln. Vielleicht braucht die Welt einfach mehr Beifall, um besser zu funktionieren.

So könnten Eltern vor den Hamburger Schulen Spalier stehen, um die Lehrer frenetisch zu bejubeln - das bringt die Zahl der Fehlstunden in den Sinkflug. Die Mülleimer im Stadtpark und an der Alster begleiten künftig jeden Einwurf mit Applaus vom Band - ein Lob, das in jeder Sprache zu verstehen ist. Auch Klatsch-Flashmobs vor den Bezirksämtern sind denkbar, um die Mitarbeiter zu Höchstleistungen beim Ausstellen neuer Ausweise anzuspornen. So ausgerüstet, kann man wieder zu großen Reisen aufbrechen. Dabei noch ein Hinweis für alle Fahrgäste der Deutschen Bahn, die pünktlich ankommen wollen: Hier hilft kein Klatschen mehr, nehmen Sie lieber den Flieger.