Zum heutigen 50. Jahrestag des Mauerbaus an diesem 13. August 1961 hörte ich in den vergangenen Tagen häufiger den Satz: "Es war nicht alles schlecht." Jetzt hörte ich ihn wieder, in einem Kiosk am Barmbeker Bahnhof. Der Kunde vor mir, ein Herr um die 50, hatte Tüten mit Leergut dabei. Er wollte aber nur vier Cola-Dosen abgeben. Sie gehörten zum Sortiment dieses Kiosks, aber er war wohl kein Stammkunde, denn der Kioskbetreiber unterstellte ihm, die Cola nicht bei ihm gekauft zu haben und wollte die Dosen nicht zurücknehmen.

Doch während der nun folgenden leidenschaftlichen Diskussion muss ihm dann eingefallen sein, dass er dazu verpflichtet ist. Der Herr durfte also seine vier Dosen in einen gelben Sack werfen, während der Kioskbetreiber begann, das fällige Pfandgeld, einen Euro, aus seiner Kasse herauszupolken. Provozierend langsam, in Zweicent- und Fünfcent-Münzen. Der Herr war nun aufgebracht, aber wer ist das heute nicht bei der Leergutgabe?

Als der Kioskbetreiber etwa bei 60 Cent angelangt war, sagte der Herr, zitternd vor Zorn: "Bei uns hatten wir Sero. Da bist du zur Sammelstelle hin, hast den ganzen Schrott abgegeben und fertig! Aber hier bist du immer noch für jeden Mist am Rennen!" Sein thüringischer Migrationshintergrund war unüberhörbar. Sero steht übrigens für das VEB Kombinat "Sekundär-Rohstofferfassung". Im Vergleich zum westlichen Erfassungssystem für wiederverwertbare Wertstoffe hatte es stets einen höheren Rückführungsgrad in den Wirtschaftskreislauf. Sero war simpel und bürgerfreundlich.

Jetzt verstehe ich endlich diesen ominösen Satz. Nein, es war wohl nicht alles schlecht.