Esoterik steht in der Kritik. Die Ex-Sektenbeauftragte aber auch

Um Missverständnissen gleich vorzubeugen: Esoterik ist, heute mehr denn je, ein boomendes Geschäftsfeld, in dem es allzu oft um rätselhafte Schwingungen in Natur, Weltraum und Astralleib, um pseudowissenschaftliche Einsichten und geweihtes Geheimwissen geht. Außerdem wird hier mit einer weit verbreiteten Orientierungssehnsucht von Menschen oft nur Kasse gemacht.

Ins Licht der Öffentlichkeit geraten die dubiosen Praktiken der Branchen-Quacksalber nur selten - vor allem gemessen an der regelmäßigen Kritik, die den großen Religionen entgegenschlägt. Das sollte sich ändern. Es wäre dringend geboten, jene "Eso"-Grauzonen genauer zu durchleuchten, in denen arglose Menschen oft zu Opfern gruseliger Gruppen werden. Siehe Scientology.

Solche Praktiken aufzuspüren ist das Verdienst von Ursula Caberta. Unerbittlich attackiert die Hamburgerin all die selbst ernannten Schamanen, Gurus und Seelenfänger, zunächst 18 Jahre lang als Scientology-Beauftragte der Stadt, neuerdings als Ministerialreferentin. So weit, so gut. In ihrem neuen, kontrovers diskutierten "Schwarzbuch Esoterik" begeht Caberta allerdings einen schweren Fehler: Sie schmeißt alles in einen Topf. Da geraten die bizarren Geschäftspraktiken des glitschigen TV-Pfarrers Jürgen Fliege (Weihwasser für 39,90 Euro) auf eine Stufe mit Hape Kerkeling, der erfolgreich seinen Jakobsweg beschrieb und sich als "Buddhist mit christlichem Überbau" bezeichnet.

Ersteres hat zweifellos viel mit der von Caberta monierten "Supermarkt-Esoterik" zu tun, Letzteres rein gar nichts. Buddhismus und Christentum sind Weltreligionen, und wer sich von beiden leiten und inspirieren lässt, ist kein Mystik-Spinner, sondern viel eher ein weltoffener Mensch, der den Exklusivitätsanspruch der christlichen Platzhirsche berechtigterweise für vorgestrig hält.

Die größte Gefahr der boomenden "ganzheitlichen" Ideologien und selbst gebastelten Lebenserlösungswege besteht in ihrem Herumwabern, ihrer Nichtgreifbarkeit, ihrem Gestus "Lass dich fallen, dann wirst du erleuchtet". Wer dies kritisiert, muss zuallererst mal eins sein: ganz genau.