Ein Kommentar von Christian-A. Thiel

Formel-1-Weltmeister ist am Ende des Jahres derjenige Rennfahrer, der im Verlauf der Saison die meisten Punkte gesammelt hat. Selbst wenn er nach 16 Rennen, wie 1984 bei Niki Laudas drittem Titel geschehen, nur einen halben Punkt Vorsprung ins Ziel rettet. So einfach kann Sport sein.

Nun könnte man sich bei der Titeljagd darauf verlegen, wie ein guter Beamter Punkt für Punkt zu sammeln, damit auch ja nichts schiefgeht. Sebastian Vettel, der jüngste Champion aller Zeiten, fällt nicht in diese Kategorie.

Der Weltmeister dominiert die Saison wie nur wenige Fahrer zuvor, hat bei elf Saisonrennen jedes Mal die Zielflagge gesehen, stand mit einer Ausnahme immer auf dem Podest, davon sechsmal ganz oben. Der Vorsprung von 85 Punkten hat die Konkurrenz demoralisiert. Auch wenn es niemand öffentlich sagen würde, haben die meisten Gegner das Rennjahr 2011 abgehakt. Sogar dritte Plätze würden Vettel zum Titel genügen.

Doch die Meisterschaft einfach nur verteidigen, genügt dem Chefpiloten der roten Bullen nicht. Er will nach drei sieglosen Fahrten endlich wieder gewinnen und fordert das auch von seinem Team ein. Genau dieser unbedingte Siegeswille kann ihn zu einem der ganz Großen im PS-Zirkus machen. Michael Schumacher, der Jüngere, hat diese Vollgas-Mentalität Anfang des Jahrtausends in Perfektion vorgelebt. Sebastian Vettel hat der Konkurrenz ein Signal gesandt: Er wird beim Rad-an-Rad-Duell nicht nachgeben, nur weil er dann vielleicht ein Rennen später Weltmeister wird. Der Mann hat das Sieger-Gen.