Eine Glosse von Silvia Stammer

Dass es manchmal auf die Verpackung ankommt, ist nicht erst seit den Aktionen des Künstler-Ehepaars Christo und Jeanne-Claude bekannt. Auch im Alltag spielt die Optik eine größere Rolle. Das betrifft nicht nur stark geschminkte Teenager, sondern reicht sogar bis zur Anlieferung von Möbelstücken. Ein eigentlich banaler Akt, sollte man meinen.

Die Kundin hat zwei edle Bar-Tresenhocker bestellt, und zwar in einem Geschäft, das für hochwertiges Interieur und fundiertes Design-Bewusstsein steht. Der inhabergeführte Laden aus dem Hamburger Osten ist auch für seinen exzellenten Service bekannt. Die Vorfreude der designierten Hocker-Besitzerin ist groß - frei nach dem Motto: Es geht doch nichts über ein schönes Plätzchen. Wenige Wochen nach der Auftragsvergabe ruft eine Möbelhaus-Mitarbeiterin an: Die Stühle seien da. Und dann folgt die Frage, die erstaunt: Ob es denn in Ordnung wäre, wenn die Ware nicht mit dem Originallaster des edlen Geschäfts angeliefert wird, sondern mit einem Lkw mit einem schnöderen Aufdruck, sagen wir mal, Möbel-Murks. Die Kundin lernt: Es gibt wirklich Hamburger, denen es unangenehm ist, wenn ihre Nobelstücke nicht im adäquaten Laster angeliefert werden, sondern im Auto Marke Durchschnitt. Die Nachbarn sollen schließlich wissen, dass man sich ordentlich was leisten kann.

Keine Frage, hier tut sich eine Marktlücke auf. Modeschmuck wird im Tiffany-Karton verkauft, die Discounter-Wurst bekommt die Verpackung vom Feinkostladen - Hauptsache, die anderen gucken neidisch.

Die Hocker wurden übrigens im Günstiglaster angeliefert. Echtes Selbstbewusstsein braucht keine Luxushülle.