Das Wohldorfer Ehepaar Hannelore und Horst Ulrich kämpft seit 1982 für den Erhalt der Feldmark. Jetzt droht wieder die Ausweisung als Baugebiet.

Wohldorf. Er kämpft seit 29 Jahren, doch auch heute will Horst Ulrich keine Zeit verlieren. Er steht am U-Bahnhof Ohlstedt, mitten im Meer aus Bäumen, und tippt energisch auf eine Landkarte. "Ohlstedt 13", sagt er, "hier sollen 188 Häuser hin, im letzten Stück Feldmark." Er redet über Fischotter, glückliche Steilshooper Kinder in der Freiluftschule hier, blühende Orchideen. Dann kommt der ultimative Satz: "Die Politiker reden von Wachstum, aber unsere Welt ist endlich."

Horst Ulrich ist kein Biologielehrer, sondern Wirtschaftsprüfer im Ruhestand und seit 1982 empört.

Obwohl die SPD sich vor der Wahl gegen eine Bebauung hier ausgesprochen hat, ist auch unter ihrer Alleinregierung kein Ende des Streits in Sicht. 6000 neue Wohnungen will der Senat pro Jahr bauen, vielerorts zeichnen sich Proteste ab - vielleicht hat sich Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) deshalb eine Hintertür offengelassen: Vor der Wahl versicherte er per Brief, dass die SPDim einstigen Landschaftsschutzgebiet nicht bauen werde. Den Plan rückgängig zu machen "würde aber Personal binden, das aus unserer Sicht an anderer Stelle dringender benötigt wird", schreibt Scholz. Gutachten legen nahe, dass diese 40 Hektar bei den "urwaldnahen Laubwäldern" zu schützen sind.

Die Unsicherheit bleibt also. "Ohlstedt 13" ist ein Lehrstück politischer Wankelmütigkeit. In den 80er-Jahren trieb die SPD das Bauprojekt hier voran. Die CDU protestierte: "Der Kampf gegen den umweltgefährdenden Bebauungsplan wird fortgesetzt", stand 1982 auf einem Flugblatt der Union.

Der spätere Bürgermeister Ole von Beust schaltete 1996 eine Anzeige in der Lokalpresse: "Wir schützen die grünen Walddörfer." 2002 erklärten Union und Schill-Partei das Gebiet zum "Sofortprogramm für die Wachsende Stadt", kippten einen Bürgerentscheid.

Später peitschte die CDU in Alleinregierung den Plan durch die Bürgerschaft. In der schwarz-grünen Koalition dann stoppte auch die GAL das Projekt nicht, zum Leidwesen von Christiane Blömeke, die als Abgeordnete aus den Walddörfern seit 20 Jahren gegen den Bebauungsplan kämpft. "Scholz muss nun Fakten für den Naturschutz schaffen", sagt Blömeke jetzt. "Wachsende Stadt" und "Wohnungsmangel" - beide Schlagwörter stünden für die gleiche Baupolitik, die "kurzsichtig Investoren bevorzuge", sagt Hannelore Ulrich, die mit ihrem Mann für den Wohldorfer Wald kämpft. Gegenargumente sind dem Ehepaar so geläufig, dass es oft gleichzeitig antwortet. Nein, es gehe ihnen nicht darum, hier in Ruhe zu leben. "Wohngebiete dürfen verdichtet werden", sagt das Ehepaar. "Aber eine Feldmark zu zerstören, im Endmoränengebiet der letzten Eiszeit, das ist nicht verhandelbar." Deshalb zeigen sich die Ulrichs unbeeindruckt, dass die Zahl der geplanten Häuser - es waren einmal 800 - immer weiter gesunken ist. Die Gerichte erklärten die Planungen für nichtig, weil Privatbesitz teilweise enteignet wurde.

Die Bundestagsabgeordnete Sylvia Canel (FDP), die ebenfalls hier wohnt, sieht "Ohlstedt 13" als ein Beispiel dafür, dass Politiker sich oft nicht treu blieben, wenn sie erst regieren. "Die SPD muss den Wald jetzt schützen, wenn sie es ernst meint."