Eine Glosse von Silvia Stammer

Urlaub ist eine segensreiche Angelegenheit. Soll doch den Kollegen die Stunde schlagen - in den Ferien ist man das tägliche Kreuz, zur Kostenstelle zu eilen, vorübergehend los. Und man hat endlich Zeit, sich über Gott und die Welt Gedanken zu machen und in die Kirche zu gehen. Wohlgemerkt: in die Kirche, nicht in den Gottesdienst. Jeder zweite Tourist besucht im Urlaub ein Gotteshaus, um sich die Architektur anzusehen, heißt es in einer aktuellen Untersuchung der Fachhochschule Hannover.

Diakoniewissenschaftler Ralf Hoburg und seine Studenten beleuchteten dabei das Interesse an Veranstaltungen der evangelischen Kirche auf der Nordseeinsel Spiekeroog. Und kamen dabei zu dem Schluss, dass Urlauber offen für kirchliche Angebote seien. Musik käme dabei besonders gut an, allerdings lasse das Marketing zu wünschen übrig.

Um dieses Ergebnis wirklich würdigen zu können, lohnt ein Blick auf die Kirchenszene von Spiekeroog. Die Insel hat nicht nur einen 15 Kilometer langen Sandstrand, sondern auch zwei Kirchen. Die eine, die Alte Inselkirche, fällt in die Fünf-Sterne-Kategorie der Gotteshäuser. Das Juwel aus dem Jahr 1696 ist die älteste Kirche der Ostfrieseninseln. Sie ist im Sommer für Urlauber nur an wenigen Stunden pro Woche für Besichtigungen und gelegentliche Andachten geöffnet. Für die Hauptgottesdienste müssen Touristen in der Neuen Inselkirche Platz nehmen. Der gelungene Zweckbau stammt aus dem Jahr 1961. Wer also hier dem Himmel nah ist, meint es ernst. Den anderen bleibt noch die Hoffnung auf Erleuchtung beim stundenlangen Strandspaziergang.