Manchmal lohnt es sich zu wissen, wofür man spielt.

Wer vorne keine Tore schießt, wird hinten dafür bestraft. So gesehen gibt es zwischen Frauen- und Männerfußball keinen Unterschied. Demnach hätten die Amerikanerinnen angesichts ihrer spielerischen Überlegenheit das WM-Finale 2011 gewinnen müssen . Aber dann jauchzten, kreischten und weinten die anderen vor Glück. Kann sich irgendjemand daran erinnern, Japanerinnen schon mal so ausgelassen, voll kindlicher Freude erlebt zu haben, so wie nach Saki Kumagais letztem verwandelten Elfmeter? Der kollektive Jubel der japanischen Spielerinnen über den Gewinn des Weltmeistertitels wird länger haften bleiben als der obligatorische Konfettiregen, und das Abschlussfeuerwerk sowieso.

Dabei hatten die Japanerinnen das Finale eigentlich schon vor der Elfer-Lotterie gewonnen. Ihre Leistung hatte nämlich weniger im druckvollen Spiel nach vorne bestanden, sondern vielmehr darin, sich nicht eine Sekunde lang aufgegeben zu haben. Sie wussten nicht nur, für wen und für was sie spielten, sondern sie fühlten dies auch. Jede Einzelne rannte und kämpfte bis zur Erschöpfung. Für die Mannschaft - vor allem aber für die Menschen in der Heimat, über der seit der Erdbeben-Tsunami-Reaktorkatastrophe am 11. März dieses Jahres ein Trauerschleier liegt. Der japanische Trainer Norio Sasaki hatte daher während des WM-Turniers auf martialische Appelle in der Kabine verzichten können. Ein paar eindrucksvolle Fernsehbilder der havarierten Atommeiler in Fukushima hatten vollkommen genügt, um seine Spielerinnen zu motivieren.

Für Japan war es ein ganz besonderer Sieg. Denn solch ein sportlicher Triumph eignet sich vorzüglich dazu, eine allzeit gegenwärtige Katastrophe für ein paar Momente zu verdrängen, das Selbstbewusstsein einer Nation zu stärken, der Bevölkerung Hoffnung zu spenden sowie ein Vorbild zu sein. Erstaunlich trotzdem, wie es die Japanerinnen dann schafften, mit dem Erwartungsdruck fertig zu werden, der sich spätestens mit dem Viertelfinalsieg über die deutsche Mannschaft auch zu Hause dramatisch zu erhöhen begann. Doch im Gegensatz zu den meisten deutschen Spielerinnen, deren Kampf- und Mannschaftsstärke schon an einem selbst gesteckten sportlichen Ziel kläglich zerbröselte, schien die Bedeutung ihrer patriotischen Mission die Japanerinnen sogar noch zu beflügeln. Nicht die Besseren haben diesmal gewonnen, sondern die Beherzteren. Und das verdient auch nach einem einseitigen Spielverlauf höchste Anerkennung.