Bezirk beschließt: Wirte müssen sie aufstellen. Aber noch gibt es nicht mal Prototypen

Hamburg. Wieder neue Regeln für Hamburgs Gastronomen: Nach blauer Linie auf Gehwegen und Minibiergärten in Parkbuchten sollen nun sogenannte Lärmschutzschirme für Ruhe im Dauerstreit zwischen Wirten und Anwohnern sorgen. An der Susannenstraße im Schanzenviertel sind sie künftig vorgeschrieben. Das beschloss die Bezirksversammlung Altona mit den Stimmen von CDU, SPD und GAL. Auch der Bezirk Mitte kann sich eine solche Vorschrift vorstellen: "Wenn diese Schirme tatsächlich den Lärm eindämmen, dann würde sich eine solche Regelung auch für Mitte anbieten", sagte Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD). Eimsbüttel hingegen sieht in den Schirmen zurzeit keine Option.

Die Schutzschirme, die wie Sonnenschirme aussehen, werden mit einem lärmdämmenden Material beschichtet und sollen pro Stück mehrere Tausend Euro kosten. Die Susannenstraße ist für den Bezirk Altona zunächst ein Test. Sollte "dieses Pilotprojekt erfolgreich sein, könnten die Lärmschutzschirme im gesamten Bezirk zur Vorschrift werden", sagte Bezirksamtsleiter Jürgen Warmke-Rose (parteilos).

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) Hamburg hält von der Idee überhaupt nichts. "Die Außengastronomie ist dafür da, die Stadtteile zu beleben. Wenn auch noch Lärmschutzschirme vorgeschrieben werden, werden die Quartiere künftig veröden", sagte Hauptgeschäftsführer Gregor Maihöfer. Zudem sei die Vorschrift rechtlich zweifelhaft. Dem widerspricht Bezirkschef Warmke-Rose: "Es gibt rechtlich nichts zu beanstanden, deshalb müssen wir den politischen Beschluss umsetzen."

Allerdings ist selbst die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) - zuständig für den Bereich Lärmschutz - "skeptisch", ob der Lärmschutzschirm funktionieren kann. Schließlich breite sich Schall in alle Richtungen aus. Für konkrete Bewertungen fehle aber schlichtweg die Erfahrung, hieß es. Denn die Lärmschutzschirme, die der Bezirk Altona jetzt vorschreibt, gibt es bisher noch gar nicht. Die Firma May in Betzenweiler bei Ulm wird vom Bezirk als Bezugsquelle genannt. Geschäftsführer Klaus-Peter May sagte dem Abendblatt: "Wir werden jetzt erst mal einen Prototyp herstellen." Der Schirm werde mit einem Material bezogen, das auch bei Bootsverdecken eingesetzt werde. Bislang habe sich noch kein Gastronom aus der Susannenstraße bei ihm gemeldet, sagte May. Dabei müssen die Wirte bis zum 22. Juli eine Sondernutzungsgenehmigung beantragen und nachweisen, dass sie die Lärmschutzschirme bestellt haben. "Ansonsten erteilen wir keine Genehmigung, und die betroffenen Gastronomen dürfen ihre Gäste nicht mehr draußen bewirten", sagte Bezirkschef Warmke-Rose.

Die Wirte sprechen von Schikane: "Ich wüsste nicht, was das bringen soll", sagte Ugur Yalcin, der das Pamukkale betreibt: "In erster Linie sind die Schirme zusätzliche Kosten für uns." Bezirkspolitiker verteidigen dagegen ihre Entscheidung: "Die Schallschutzschirme sollen die Bewohner vor Lärm schützen. Deshalb ist eine solche Vorschrift sinnvoll", sagte der SPD-Abgeordnete Mark Classen.