Stefan Barkleit, 27, ist beim Fahrgastverband Pro Bahn Vorsitzender des Landesverbandes Schleswig-Holstein und Hamburg

Hamburger Abendblatt: 1. In den vergangenen Monaten gab es Streiks bei der AKN, der Deutschen Bahn und jetzt bei der NOB. Ist diese Häufung eine Folge der Zersplitterung, also der Privatisierung der Bahnunternehmen?

Stefan Barkleit: Pro Bahn sieht die Häufung der Streiks nicht als Folge einer Zersplitterung. Historisch gesehen hat es mit der NEG, der DB und der AKN schon immer drei Bahnunternehmen in Schleswig-Holstein gegeben, nur die Nord-Ostsee-Bahn ist dazugekommen.

2. Aktuell ist die Strecke zwischen Hamburg und Sylt betroffen. Ist es nicht ein Unding, dass der Streik in die Hauptreisezeit fällt, in der Familien mit Kindern unterwegs sind?

Barkleit: Der Tarifkonflikt hat zu Beginn des Jahres begonnen, insofern hätten die Fahrgäste erwarten können, dass er bis zum Beginn der Hauptreisezeit gelöst sein sollte. Dass dies bis jetzt nicht der Fall ist, ist aus unserer Sicht doppelt ärgerlich, zumal in Schleswig-Holstein schon die Qualität des Bahnverkehrs im Winter nicht sonderlich überzeugend war und durch die Streikauswirkungen zum wiederholten Male nur ein gegenüber dem regulären Fahrplan ausgedünnter "Basisfahrplan" angeboten wird. Insgesamt werden auch die Verlässlichkeit und das Image des Verkehrssystems Bahn beschädigt, und das betrifft nicht nur die NOB, sondern auch die anderen Bahnunternehmen.

3. Sind Streiks überhaupt das richtige Mittel, wenn man mit privatwirtschaftlichen Unternehmen verhandelt? Sprich: Sind die Forderungen der GDL noch zeitgemäß?

Barkleit: Ob Deutsche Bahn oder private Bahnunternehmen: Streiks hat es im deutschen Bahnverkehr immer gegeben und liegen in der Natur der Sache, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer nun einmal unterschiedliche Interessen haben und beide Seiten diese in einem Tarifkonflikt auch vertreten.

4. Müssen sich Bahnreisende in Zukunft darauf einstellen, dass nicht pünktliche Züge, sondern Ausfälle und Wartezeiten durch Streiks an der Tagesordnung sind?

Barkleit: Nach Lösung der aktuellen Tarifkonflikte geht Pro Bahn als Fahrgastverband davon aus, dass die Bahnunternehmen den regulären Fahrplan anbieten und die Züge in Schleswig-Holstein wieder mit der gewohnten, meist hohen Pünktlichkeit verkehren.

5. Wie könnte man diese vertrackte Situation lösen?

Barkleit: Pro Bahn Schleswig-Holstein/ Hamburg hat Anfang Juni der NOB und der Gewerkschaft der Lokführer den Vorschlag unterbreitet, über eine Moderation zurück an den Verhandlungstisch zu finden. Die NOB hat eine Schlichtung ins Gespräch gebracht. Beide Vorschläge scheinen nicht zu einer Lösung der Situation zu führen.