Die Post spart. Und die Kunden tragen daran eine Mitschuld

Früher war alles viel besser. Dieser Gedanke schießt gerade älteren Menschen durch den Kopf, wenn sie an die viel zitierte gute alte Zeit denken. Damals. Als man im Schnellzug von Hamburg nach München noch das Fenster öffnen konnte. Als der Buchhändler von gegenüber die bestellte Lektüre selbst vorbeibrachte. Als die Post an jeder fünften Kreuzung eine Filiale hatte, der Briefträger persönlich die Urlaubskarte der Verwandtschaft überreichte. Es war einmal. Und heute? Ist wirklich alles so viel schlechter?

Zum Beispiel die Post: Briefträger in schicker Uniform fuhren einst durchs Viertel, hielten hier und dort einen Plausch, sie kannten ihre Kunden. Heute hetzen junge Menschen auf Fahrrädern mit vollgepackten Satteltaschen durch die Straßen. Die Zeit ist knapp, die Briefe brauchen wegen der dünnen Personaldecke oft länger als früher, es sei denn, man schickt sie mit einem teuren Expressstempel versehen. Alles dreht sich um Rendite seit dem Start der Privatisierung vor rund 20 Jahren. Das mag man bedauern. Aber wer schreibt noch Briefe? Wer bekommt Konzertkarten immer noch per Post geschickt, wer druckt sich die Tickets lieber schnell im Internet aus? Und beim Versenden des Weihnachtspakets schaut man selbstverständlich auf die Kosten und entscheidet sich dann für den preiswertesten Versender. Es ist eben Wettbewerb auf dem Postmarkt - zumindest ein zaghafter. Die Kosten müssen runter, damit der Preis stimmt.

Dass in den vergangenen Jahren unzählige Postfilialen geschlossen wurden, ist bedauerlich. Vor allem älteren Menschen wird von der Deutschen Post viel zugemutet. Sie müssen oft weite Wege in Kauf nehmen, um eine Beratung zu bekommen. Allerdings muss man für den Verkauf von Briefmarken, das Auszahlen von 200 Euro vom Postbank-Konto oder die Annahme eines Päckchens nicht zwangsläufig eine mehrjährige Ausbildung hinter sich haben oder gar verbeamtet sein. Dieses Massengeschäft kann auch im Supermarkt oder in einem größeren Kiosk abgewickelt werden.

Problematisch wird es jedoch, wenn die Beratungskompetenz selbst in den letzten verbliebenen großen Postcentern Richtung null tendiert und nur das schnelle Geschäft zählt. Dann wird der begonnene Wettbewerb - wenn er denn am Ende richtig Fahrt aufnehmen sollte - die Deutsche Post überrollen. Und die Verantwortlichen des noch hoch subventionierten teilstaatlichen Konzerns werden eines Tages selbst von den guten alten Zeiten reden.