Eine Glosse von Kerstin Teuber

Mehr als 2000 Facebook-Nutzer haben einen neuen Freund: einen Hasen. Armer Hase ist ein Plüschtier, das offensichtlich von einem Kind an einer Bushaltestelle vergessen wurde. Aber der lepus stoffus ist gar nicht so arm dran, denn ein findiger Werber fand das Plüschtier und richtete ihm ein Facebook-Profil ein. Es wäre nicht die erste Karriere, die so beginnt.

Dabei führt Armer Hase die lange Hasen-Tradition als Ersatzfreund fort und tritt in die Samtpfotenstapfen von Harvey. Der unsichtbare weiße Hase aus dem 1950er-Film "Mein Freund Harvey" hatte zwar nur einen einzigen Freund, James Stewart, aber damals gab es ja auch noch kein Facebook. Sonst hätte es das Löffelohr wohl ähnlich weit gebracht wie Armer Hase: Sein Leben wäre fotografisch dokumentiert worden, von der ersten Möhre bis zum letzten geliebten Whiskey. Er hätte sich von James Stewart emanzipieren können und seinen eigenen Film gedreht. Er wäre vielleicht sogar sichtbar geworden.

Denn Armer Hase genießt das Rampenlicht, lässt sich bei McDonald's, auf der Kartbahn, beim Waschen oder beim Fußball ablichten.

Dass mit all der Öffentlichkeit auch die Gefahr steigt, zum abgenudelten Medienhasen zu werden, wird noch übersehen. Aber von hier ist es nur noch ein kleiner Schritt bis zur schal inszenierten Liebesgeschichte mit einer Plüschhäsin, die von gierigen Hasenhändlern auf einem Flohmarkt verkauft werden sollte.

Falls der Besitzer von Armer Hase auftauchen sollte, muss er sich wohl an ein Schattendasein gewöhnen. Hier hat James Stewart einen Vorteil: Harveys Schatten war durchsichtig.