Unverzichtbare Ungetüme? Hamburg ist Vorreiter beim Einsatz von überlangen Verkehrsmitteln

Hamburg. Sie sind 18 bis 25 Meter lang und nur von speziell ausgebildeten Fahrern zu lenken: Wegen der hohen Nutzungsfrequenzen mancher Buslinien gehören Gelenkbusse längst zum Stadtbild. Der Unfall von Tonndorf wirft indes Fragen auf: Sind die überlangen Ungetüme möglicherweise ein Sicherheitsrisiko?

"Nein", sagt ADAC-Sprecher und Verkehrsexperte Matthias Schmitting. "Hamburg ist europaweit führend beim Einsatz von Gelenkbussen. Sie sind eine absolute Notwendigkeit für die Stadt, weil nur mit ihnen die hohen Fahrgastzahlen zu bewerkstelligen sind." Voraussetzung, so Schmitting, sei allerdings, dass die Busse nur auf fest eingetakteten Routen unterwegs sind. Dies sei in Hamburg gegeben. Der Verkehrsexperte: "Diese Busse kann man nicht mal hier und mal da einsetzen. Das muss eine Sache der Gewohnheit sein. Nur wenn Gelenkbusse auf festgelegten Strecken eingesetzt würden, so Schmitting, lernten die Autofahrer, mit ihnen umzugehen.

Heißt auch: Sie lernen, dass das Heck eines Gelenkbusses sich noch auf einer Kreuzung befinden kann, wenn das Ampelsignal längst von Grünlicht für den Bus auf Grünlicht für den kreuzenden Verkehr umgesprungen ist. Dies könnte laut Experten beim Zusammenstoß in Tonndorf der Fall gewesen sein.

Optimal, so der ADAC-Mann, seien Gelenkbusse ohnehin nur für separate Busspuren geeignet. Auch hier sei Hamburg jedoch bundesweit führend. Schmitting: "Die Hochbahn ist da vorbildlich aufgestellt." Das müsse sie allerdings auch. Mit der Linie 5 fährt Europas höchstfrequentierte Buslinie in der Hansestadt.

Ein Gelenkbus nach der in Hamburg verwendeten Bauart ist 18 Meter lang und etwa 17 Tonnen schwer. Alle Fahrer der Hochbahn dürfen diese Busse fahren. "Für die noch längeren Busse mit zwei Gelenken ist eine Spezialausbildung erforderlich", sagt Unternehmenssprecherin Maja Weihgold. Das Trainingsprogramm ist ausgesprochen umfangreich, schon im eigenen Interesse des Betreibers. Grund: Der Preis für moderne Gelenkbusse beginnt bei rund einer halben Million Euro.