Es gibt viele gute Gründe, einen Panzerexport nach Saudi-Arabien zu geißeln: Die arabische Welt befindet sich im demokratischen Aufbruch - und die Herrscher in Riad helfen bei der Unterdrückung dieser Bewegung im Nachbarland Bahrain. Der gesamte Nahe Osten kann mit Fug und Recht eine Krisenregion genannt werden, in die Deutschland nach selbst gesetzten Maßstäben keine Waffen liefern will. Und schließlich sind es die saudischen Religionswächter, die ihre Interpretation des Korans weltweit verbreiten möchten - inklusive extremer Strömungen wie Wahhabismus und Salafismus, deren Vertreter unsere Verfassungsschützer gerade in Aufregung versetzen.

Aber es ist nicht die ganze Geschichte. Es gibt in der Region auch einen Iran, der nach Kernwaffen und Vorherrschaft strebt und der bei nüchterner Abwägung das größere Übel gegenüber der westlichen Welt darstellt als ein halbwegs verlässliches und stabiles Königreich Saudi-Arabien. Es geht in der Region neben Stabilität auch um Ölvorkommen, die noch immer das Schmiermittel unserer Weltwirtschaft sind. Und wegen all dieser Gründe kann auch davon ausgegangen werden, dass der Panzer-Deal mit den USA und Israel abgestimmt ist. Ebenso davon, dass andere Lieferanten bei deutscher Weigerung gern eingesprungen wären.

Was unterm Strich bleibt, ist das moralische Dilemma eines Staates, der für Freiheit, Demokratie und Frieden eintritt und dessen Bürger nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs eigentlich nie wieder ein Gewehr anfassen wollten. Nur ist dieser pazifistische Traum schon seit der Wiederbewaffnung und der Westintegration ausgeträumt. Sich dem moralischen Ideal anzunähern ist seit der Wiedervereinigung und der damit verbundenen Wiedererlangung der vollen Souveränität noch schwerer geworden.

Berlin tut sich mit der Reform seiner Streitkräfte schwer, in denen immer weniger Soldaten ein noch immer formidabler Wasserkopf an Generalität und Verwaltung aus den Zeiten des Kalten Krieges gegenübersteht. Ebenso tun sich Politik und Öffentlichkeit mit Rüstungsexporten und offensiver Außenpolitik schwer. Hier gibt es keine einfachen Entscheidungen, die nur richtig oder falsch sind. Deshalb ist es gut, wenn öffentlich darüber diskutiert wird. Und es ist nicht gut, wenn über solche Fragen allein in geheimen Zirkeln entschieden wird, wo sich doch ohnehin spätestens bei Lieferung die Geschäfte nicht mehr verbergen lassen.