Der Schauspieler und Sänger Urs Affolter, 53, sang im Musical “Ganz allein - eine Nacht mit Roy Black“

Hamburger Abendblatt: 1. Hunderttausende waren wieder da, und das trotz Dauerregens. Woher kommt die ungebrochene Lust am Schlager?

Urs Affolter: Vielleicht liegt es daran, dass das alles so einfach ist. Musik, die man mitträllert, viele Ohrwürmer, mit simpler Struktur, die man bestens auf seiner Hirnplatte abspeichern kann. Ich war vor zwei Jahren zum ersten Mal auf dem Schlagermove und war völlig baff, was da abgeht. Leute, die sich gar nicht kennen, feiern und tanzen miteinander, das hat schon etwas Verbrüderndes. Schlager verbindet.

2. Ist Schlager die Musik für Menschen, die keine Inhalte brauchen?

Affolter: So einfach ist das nicht. In diesem Frühjahr, als ich selbst als Roy Black das Musical "Ganz allein" gespielt habe, hat Schlagermusik natürlich eine große Rolle gespielt. Und da konnte ich beobachten, wie 30-Jährige gemeinsam mit 70-Jährigen textsicher mitsingen. Wenn also etwas so präsent ist, muss es den Leuten im Leben etwas geben. Das Phänomen ist doch, dass diese Musik eine Botschaft enthält, die allgemein verständlich ist, die aus dem Herzen kommt. Jeder - ob gescheit oder nicht gescheit - hat Zugang zu dieser Welt.

3. Geht es beim Schlagermove denn um die Musik?

Affolter: Sicher auch, aber nicht nur. Das liegt natürlich an den Umständen. Wenn gleich zum Auftakt des Umzugs die ersten drei Biere drin sind, geht's ganz einfach ums Partymachen. Als ich vor zwei Jahren dort war, bin ich ziemlich spät dazugestoßen und kam aus einer völlig anderen Welt - und hatte einfach keine Chance. Dieser Pegel an Ausgelassenheit war einfach nicht mehr zu schaffen. Und diese ganze Umtata-umtata-Musik bedient dann genau dieses Feeling.

4. Finden Sie das nicht schade? Sie nehmen Schlager ja eher ernst.

Affolter: Allerdings, sonst hätte ich das Stück "Ganz allein" nicht aufgeführt. Ich kann die Botschaft ja nicht lügen. Die ernste Herangehensweise - das muss man tun, wenn man einen dramaturgischen Theaterabend macht. Sonst kann man keine Geschichte erzählen und als Schauspieler nicht dahinter stehen. Trotzdem fällt es mir schwer, "Ganz in Weiß" zu singen, es ist ja so wahnsinnig bekannt und hat wenig Inhalt. Aber ich merke schon, wenn ich das aufrichtig tue, geht auch mir ein bisschen das Herz auf. Wenn ich das nicht ehrlich meinen würde, würde es nicht funktionieren.

5. Und, waren Sie diesmal wieder dabei?

Affolter: Ja, aber privat, nicht als Roy Black. Ich habe es allerdings nur eine halbe Stunde ausgehalten, dann war ich durchnässt. Die Stimmung fand ich trotzdem ganz wundervoll.