Holstenglacis Hamburg am 10. November 1943. Im Minutentakt: 18.20 Uhr, 18.23 Uhr, 18.26 Uhr, 18.29 Uhr köpft das Fallbeil Eduard Müller, Johannes Prassek, Hermann Lange, Karl-Friedrich Stellbrink. Ihr Blut fließt ineinander. Die drei katholischen Kapläne und der evangelische Pastor Stellbrink hatten Widerstand geleistet gegen das Nazi-Regime, das sich selber zum Höchsten, zu einem Götzen erhoben hatte, unschuldige Menschen, Behinderte gnadenlos morden ließ und dabei war, ganz Deutschland in den Tod zu stürzen. Die Mehrheit schaute weg, auch in der Kirche. Die Nazis griffen sich die vier heraus, nicht die Kirchenoberen. Sie wollten ein Zeichen setzen: Widerstand wird gnadenlos gebrochen und bestraft. Heute sind wir den Blutzeugen dankbar. Die vier Lübecker stehen für mutige Menschen in der Kirche.

Sie haben Unrecht und Verbrechen nicht hingenommen. Sie haben andere im Widerstand bestärkt. Sie gaben den Schwachen und Hilflosen ihre Stimme. So wünschen wir uns die Kirche. So müssen aufrechte Menschen sein. Im Glaubensbekenntnis der christlichen Kirche bekennen wir uns zur Gemeinschaft der Heiligen. Das sind Menschen, die Gottes Heiligkeit auf dieser Erde Ehre machen: Ungezählte, Bekannte und Unbekannte. Die Lübecker Geistlichen sind solche Heilige, ganz in unserer Nähe, Menschen unserer jüngeren, so leidvollen Geschichte. Sie herauszustellen, sie in katholischer Tradition selig zu sprechen, bedeutet keinen Menschenkult. Wir heben die Vier als Vorbilder hervor: Seid tapfer wie sie! Habt keine Angst! Tretet für die Menschen ein! Gott, der Heilige, will in euch aufscheinen. Ökumene ist ein großes Wort.

Wir wollen sie und machen uns doch immer wieder Schwierigkeiten. Die Vier bilden ein leibhaftiges Wort. Ihr Blut bindet stärker als alle klugen Debatten. Es schafft eine Realität, die die Kirche bestimmt und verpflichtet. Die Ökumene der Blutzeugen will in unserem Fleisch und Blut, in Herz und Verstand weiterwirken. Feiern wir die Vier als Geschenk, als bleibende Zeugen einer starken, mutigen, einigen Kirche.