Handwerker aus Henstedt-Ulzburg gesteht Tötung von fünf Frauen in Hamburg und dem Umland

Henstedt-Ulzburg. Jahrzehntelang hatte die Kieler Mordkommission ermittelt. Nun, 27 Jahre nach der letzten Tat, ist eine rätselhafte Serie von fünf Morden an jungen Frauen in Hamburg und dem südlichen Schleswig-Holstein aufgeklärt. Der 64 Jahre alte Handwerker Hans-Jürgen S. aus Henstedt-Ulzburg (Kreis Segeberg) hat gestanden, die Taten in den Jahren 1969 bis 1984 verübt zu haben. Ob er weitere Morde begangen hat, wird untersucht. "Wir sind mitten in den Ermittlungen", sagte die Kieler Oberstaatsanwältin Birgit Heß am Freitag.

Hans-Jürgen S. war bereits im April verhaftet worden, nachdem eine neue, verfeinerte Untersuchungsmethode von DNA-Spuren ihn als Mörder der 18 Jahre alten Gabriele S. überführt hatte. Die Schwesternschülerin war im Februar 1984 in Henstedt-Ulzburg vergewaltigt und erdrosselt worden. Der Handwerker, der zuletzt in der Nachbarschaft ein Reihenhaus bewohnte, gestand die Tat. Tage später bat er um ein Gespräch mit den Ermittlern. Dabei gab er weitere Sexualmorde zu, die zum Teil mehr als 40 Jahre zurückliegen: 1969 vergewaltigte und tötete der damals ledige Mann die Norderstedterinnen Jutta M., 22, und Renate B., 16. Im Jahr 1970 fiel ihm die Hamburgerin Angela B., 22, in Langenhorn zum Opfer. 1972 schließlich brachte der Handwerker Ilse G., 15, aus Norderstedt um.

Die Mordkommission bezeichnet die Brutalität des Täters als "absolut heftig". Hans-Jürgen S., der vor seinem letzten Mord geheiratet hatte, zuletzt aber allein bei seiner Mutter lebte, habe seinen Zufallsopfern an Bushaltestellen oder in der Nähe von Diskotheken aufgelauert, sie mit seinem Auto verfolgt, sei dann über sie hergefallen und habe sie schnell erdrosselt. Unklar ist noch, ob er sich an den jungen Frauen verging bevor oder nachdem er sie getötet hatte.

Hans-Jürgen S. bestreitet, weitere Morde begangen zu haben. Dennoch untersucht die Polizei, ob weitere ungeklärte Verbrechen in Deutschland dem Mann aus Henstedt-Ulzburg zugeordnet werden können. Dazu gehören auch Mordfälle im Hamburger Umland, bei denen der Täter ähnlich vorging wie in den jetzt von Hans-Jürgen S. gestandenen Fällen: Im Mai 1969 wurde Ulrike B., 14, getötet, als sie mit ihrem Fahrrad von Lüneburg nach Adendorf fuhr. Die 13 Jahre alte Hannelore K. aus Stemwarde (Kreis Stormarn) fiel 1970 einem Unbekannten zum Opfer. Im Oktober 1972 entdeckte die Polizei in Dassendorf (Herzogtum Lauenburg) die Leiche der Schülerin Monika F., 13.

Bei den Vernehmungen berichtete Hans-Jürgen S. auch, dass er 1993 in Hamburg eine Prostituierte vergewaltigt hatte. Dafür wurde er zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt. Die Akten waren jedoch vor Kurzem routinemäßig gelöscht worden, sodass sie der Kripo bei der Überprüfung von Sexualstraftätern nicht zur Verfügung stand.

Der Anwalt von Hans-Jürgen S. kündigte an, sein Mandant werde sich von Sachverständigen untersuchen lassen. Er betrachte die Zeit, in der er die Taten beging, als "unfassbare Phase seines Lebens". Stefan Winkler, der Leiter der Kieler Mordkommission: "Der Beschuldigte zeigte Reue. Er wollte reinen Tisch machen."