Symbolisches Treffen: Bürgermeister Scholz besucht Mitarbeiterversammlung des Konzerns und hält Moorburg für unverzichtbar.

Hamburg. Es war ein symbolträchtiges Zusammentreffen, als Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) am Freitag auf einer Mitarbeiterversammlung vom Stromversorger Vattenfall in der Alsterdorfer Sporthalle vor rund 2500 Beschäftigten des Unternehmens gesprochen hat. "Das Kraftwerk Moorburg ist ein Hamburger Thema. Ein CDU-Bürgermeister hat es initiiert, eine grüne Senatorin hat es genehmigt und ein SPD-Bürgermeister wird es einweihen", sagte Scholz unter Beifall der Mitarbeiter.

Nach Jahren der gegenseitigen Abneigung entstand damit eine neue Annäherung zwischen der Stadt und ihrem Versorger. Zu den Verstimmungen kam es im Jahr 2008, weil die Grünen, die seit Februar an der schwarz-grünen Regierung beteiligt waren, das neue Kohlekraftwerk eigentlich verhindern wollten, es aber am Ende genehmigen mussten. Ein Ringen zwischen Umweltbehörde und Vattenfall um fast jeden Bauschritt begann. Selbst Gerichte wurden eingeschaltet.

Jetzt setzte Scholz die Zeichen auf Verständigung und bekannte sich sogar als Befürworter des Kohlekraftwerks. "Hamburg ist vermutlich die größte Industriestadt Europas. Deshalb brauchen wir das Kraftwerk Moorburg. Denn es wird noch jahrzehntelang nötig sein, fossile Kraftwerke zur Absicherung der Grundlast zu betreiben. Denn die Industrie und die Verbraucher brauchen bezahlbaren Strom", sagte er und ließ keinen Zweifel daran, dass er dennoch den Ausstieg Deutschlands aus der Kernenergie voll mittrage.

Er betonte gleichzeitig, dass der Anteil der erneuerbaren Energien wie Windkraft zügig ausgebaut werden müsse, damit die herkömmlichen Kraftwerke zumindest in weiter Zukunft ersetzt werden können. Scholz dankte den rund 3500 Mitarbeitern von Vattenfall für ihre Arbeit in Hamburg. "Der Atomausstieg und der Ausbau der regenerativen Energien ist auch für Vattenfall eine große Herausforderung. Deshalb ist der Besuch des Bürgermeisters auch eine Wertschätzung der Arbeit, die die Vattenfall-Beschäftigten leisten", erklärte Senatssprecher Christoph Holstein die Geste.

Die Worte des Bürgermeisters wirkten wie Balsam auf die Seelen der Beschäftigten. Derzeit sammelt eine Initiative Unterschriften, um zu erreichen, dass die Stadt die Hamburger Strom-, Fernwärme- und Gasnetze übernimmt. Die jetzigen Eigentümer E.on Hanse und Vattenfall wollen diese aber weiter führen. Mehr als tausend Arbeitsplätze in beiden Firmen hängen an den Netzen. "Die betroffenen Mitarbeiter fürchten um ihre Zukunft", sagte Betriebsratsmitglied Angela Ahnt.

Auch da hatte Scholz gute Nachrichten zu überbringen, nachdem er sich bei den Vattenfall-Mitarbeitern für die sichere Stromversorgung in der Stadt bedankt hatte. "Die Übernahme der Netze in Hamburg würde mehr als eine Milliarde Euro kosten. Ich bin mir aber nicht sicher, ob die Stadt die finanzielle Kraft hat, ein solches Investment zu finanzieren. Aber natürlich muss auch die Stadt Einfluss auf die Netze nehmen können, damit sie die Sicherheit der Arbeitsplätze garantieren kann. Mit mir gibt es keine Veränderung der Arbeitsbedingungen", so Scholz, dem eine Minderheitsbeteiligung der Stadt von 25,1 Prozent vorschwebt. Mit diesem Anteil will er verhindern, dass "es erstens keine Steigerung der Strompreise in Hamburg nur deshalb gibt, weil die Stadt den Kaufpreis fürs Netz bezahlen muss". Zweitens sei die Netzqualität mit viel Wissen und Kompetenz der Vattenfall-Mitarbeiter verbunden, die erhalten bleiben sollen. "Und drittens muss auch zukünftig jedes Jahr viel Geld ins Netz investiert werden", so Scholz.

Hamburgs Vattenfall-Chef Pieter Wasmuth betonte, dass der Versorger seit 117 Jahren ein verlässlicher Partner der Stadt sei. "Und das wollen wir auch bleiben." Die Mitarbeiterversammlung kam auf Drängen der Beschäftigten zustande. Nicht nur wegen der Diskussion um die Zukunft des Netzes ist die Verunsicherung groß. Sondern auch, weil der Konzern eine neue Struktur hat.

Seit Jahresanfang organisiert sich Vattenfall länderübergreifend. In der Konsequenz bedeutet dies, dass Bereiche, deren Verantwortung zuvor in Hamburg angesiedelt waren, jetzt in Stockholm oder Amsterdam entschieden werden. "Die Mitarbeiter haben keinen Ansprechpartner mehr vor Ort. Der bisherige Chef sagt nichts mehr, weil er das nicht mehr darf, der neue Chef sagt auch nichts", so Betriebsrätin Ahrnt, die am Freitag mehr Klarheit zur Zukunft des Versorgers einforderte.