Frank Pagelsdorf, 53, trainierte von 1997 bis 2001 den HSV, stand zuletzt in Dubai unter Vertrag

1. Hamburger Abendblatt:

Herr Pagelsdorf, die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat sich mit dem 3:1-Sieg gegen Aserbaidschan fast sicher für die Europameisterschaft in Polen und der Ukraine qualifiziert und formuliert hohe Ansprüche. Ist das gerechtfertigt?

Frank Pagelsdorf:

Warum nicht? In Südafrika waren wir die Überraschung des WM-Turniers. Jetzt sind diese damals neu zusammengewürfelten Spieler miteinander gewachsen. Das gilt entsprechend auch für die eigenen Ansprüche.

2. Wie sehr hat sich das Team von Joachim Löw denn in der Weltspitze etabliert?

Pagelsdorf:

Wir sind noch nicht so weit wie Spanien, das ist klar. Der amtierende Welt- und Europameister hat einfach ein paar Jahre Vorsprung, dort arbeitet die Mannschaft schon länger zusammen. Aber: Wir befinden uns auf dem richtigen Weg. Der Anspruch einer deutschen Nationalmannschaft muss sein, Weltspitze zu sein - oder eben noch zu werden. Auch wenn der Abstand zu Spanien groß ist - es sind nur die Spanier vor uns. Der Rest ist auf Augenhöhe oder hinter uns.

3. Dürfen wir Deutschen dann überhaupt berechtigt vom Titelgewinn bei der EM träumen?

Pagelsdorf:

Klar, das ist absolut realistisch. Bei der WM waren wir Dritter, und das sportlich absolut überzeugend. Wir wachsen seitdem sportlich, tolle Talente rücken nach. Ich finde, vom Titelgewinn 2012 zu sprechen ist zu einhundert Prozent berechtigt.

4. Und zwar weil in Deutschland der neue Jugendwahn ausgebrochen ist? Mit Dortmund als Musterbeispiel für das Fördern von Rohdiamanten?

Pagelsdorf:

Auch. Wir verfügen in Deutschland inzwischen über unfassbar viele Talente, die das Zeug haben, Weltklassefußballer zu werden. Auch der HSV setzt jetzt - wenn auch nicht nur freiwillig - wieder auf Nachwuchskräfte. Davon profitiert der DFB.

5. Welchem deutschen Fußballer trauen Sie denn zu, den Status eines Weltstars zu erlangen?

Pagelsdorf:

Da gibt es einige, die Großes schaffen können. Bei der WM ist Thomas Müller durchgestartet, genauso Mesut Özil. Die beiden sind schon Weltklasse. Jetzt rücken mit Manuel Neuer, Mats Hummels und Mario Götze Akteure nach, die es bis ganz nach oben schaffen können. Allerdings sind alle drei in ihren Vereinen wunderbar aufgehoben, denn nicht nur die Nationalmannschaft, sondern auch die Bundesliga zählt zur absoluten Weltspitze. Gerade in Sachen Ausbildung, denn kein Land hat aktuell mehr Talente mit einem derartigen Leistungsniveau wie Deutschland.