Eine Glosse von Sven Kummereincke

Es ist eine Katastrophe. Und noch eine. Und noch eine. Und wie hieß noch mal die erste? War es irgendetwas mit Dioxin? Oder Grippe? Brüderle? Es ist wahrlich nicht leicht, den Überblick zu behalten. Weil sich Katastrophen so katastrophal häufen. Da gibt es tatsächliche (Fukushima) und ausgefallene (Vulkanasche), sportliche (Abstieg St. Pauli) und unsportliche (Aufstieg Dynamo Dresden); zweibeinige (Guttenberg) und sechsbeinige (Gespinstmotte); es gibt nahende Katastrophen (Montage) und sich entfernende (Kater am Sonntagnachmittag).

Nur Synonyme gibt es kaum: Unglück, Unheil, Desaster, dann wird es schon dünn. Doch wenn es schon an sprachlicher Vielfalt mangelt, könnte man die Katastrophen zumindest anschaulich skalieren. Bei Erdbeben klappt das ja auch.

Statt also sonntags kurz nach 18 Uhr von "historischen Verlusten" dieser oder jener Partei zu sprechen, könnte man doch sagen: "Die Partei hat eine Wahlniederlage der Stärke 9 auf der Westerwelle-Skala einstecken müssen."

Statt von der "drittlängsten Auswärtsniederlagenserie seit der Saison 1991/92" zu schwadronieren, hieße es dann: Die Mannschaft hat bereits 0,74 Bielefeld erreicht. Statt "er zog überraschend schnell die Konsequenzen" würde es dann heißen: Er ist bereits am Tag nach Bekanntwerden der Vorwürfe zurückgetreten: Das entspricht 1,26 Käßmann.

Und statt "gar nicht lustig" könnte man urteilen: Eine 8,6-Glosse auf der nach oben offenen Mario-Barth-Skala. Das wär dann allerdings eine, nun ja, Katastrophe.