Der Bezirk Hamburg Mitte will mit blauen Strichen auf Gehwegen die Außengastronomieflächen auch an der Langen Reihe begrenzen.

St. Georg. Gelassenheit, Lebensfreude und südländische Leichtigkeit machen den Charme der Langen Reihe aus. Das Flair zeigt sich in der sommerlichen Hitze besonders üppig: Überall stehen Tische und Stühle auf den Wegen. Neben den vielen bunten Geschäften und der angenehmen Abwesenheit von Filialisten machen Dutzende von Gaststätten, Bistros und Lokalen die Lange Reihe zu einer der schönsten Altbaustraßen Hamburgs.

+++Das Portugiesenviertel ist ab sofort in Zonen eingeteilt+++

Doch bald ist Schluss mit südlicher Lässigkeit. Das Amt schlägt mit bürokratischer Akkuratesse zu. Und zwar mit dem Pinsel: Am 4. Juli werden die ersten blauen Begrenzungsstriche auf den Gehwegen gezogen, die die Wirte wie im Portugiesenviertel in die Schranken weisen sollen. Die armdicken Linien markieren dann auf den Zentimeter genau, wo die sogenannten Sondernutzungsbereiche der Gastronomen liegen.

Grund seien zahlreiche Beschwerden der Anwohner, die sich auf den Gehwegen eingeengt fühlen, teilt der Bezirk Mitte mit. "Wir zeigen hier klare Kante", sagt Bezirkssprecherin Sorina Weiland, "denn es ist wohl so, dass die Menschen das manchmal brauchen."

In der Tat wird es der Langen Reihe eng, wenn Wirte den schmalen Weg besonders üppig bestuhlen und vielleicht noch eine Boutique einen Kleiderständer auf den Weg stellt. "Wir Wirte finden die blauen Linien alle nicht gut", sagt Daniela Walter vom Croques-Laden La Famille. Überhaupt würde sich der Stadtteil zum Nachteil entwickeln. Daniela Walter: "Die Mieten steigen, und es dauert sicher nicht mehr lange, bis die Filialisten kommen." Allerdings gibt sie auch zu, dass Fußgänger sich über die Enge auf den Gehwegen beschweren.

Andere Wirte sehen die blauen Linien auch kritisch. "Es wird für uns und die Gäste anstrengend, immer peinlich genau auf die Einhaltung der blauen Linien zu achten", heißt es in dem portugiesischen Café Caravela, dessen Innenraum bei der herrlichen Sonne fast leer ist.

Etwas lockerer sieht das der Wirt vom Cafe Grüneberg. Najibi Amin sagt schmunzelnd: "Wir malen selber eine Linie. Die ist zwar unsichtbar, wird aber von den Gästen akzeptiert ..." Najibi Amin hat gut lachen, denn vor seinem Lokal ist der Fußweg besonders breit, und er hat 45 Tische dort. Die meisten Gastronomen müssen sich mit einer handvoll Außenplätze begnügen. Alle haben an der Langen Reihe die "Sondernutzung im öffentlichen Räum", in der eigentlich genau geregelt ist, wo wie viele Tische stehen dürfen. Die Regelung besagt, dass für die Fußgänger ein Streifen vom mindestens 1,5 Meter frei bleiben muss.

Wie akkurat Gastronomie auf den Fußwegen funktionieren kann, zeigt sich jetzt im Portugiesenviertel am Hafen, wo vor wenigen Tagen die blauen Striche nachgemalt wurden: Dicht gedrängt stehen die Tische in der blauen Zone, die auch schon zur Mittagszeit von vielen Touristen belegt ist. "Der Kontrolleur vom Bezirksamt Mitte kommt eigentlich jeden Tag" erklärt Denise Alves von der Gaststätte M Portugal. Es ist das einzige Lokal, das seine Stühle bewusst über die Begrenzung stellt. "Der Bezirk hat den Platz einfach eingeschränkt, und wir verhandeln noch", heißt es. Die Situation im Portugiesenviertel ist eine andere als an der Langen Reihe in St. Georg, denn das Viertel ist ein Touristenmagnet, und der Verlockung, ein paar umsatzsteigernde Tische mehr aufzustellen, können die Wirte wohl nicht widerstehen. "Ja", sagt Carlos Nobre vom Restaurant Porto, "früher haben hier alle übertrieben."

In den anderen Bezirken sind blaue Linien kaum ein Thema. Bergedorf und Harburg melden: "Probleme dieser Art sind uns nicht bekannt." In Eimsbüttel "reicht die Palette der bezirklichen Mittel, um kein Problem aufkommen zu lassen", wie Amtsleiter Torsten Sevecke sagt. Altona geht einen anderen Weg, zum Beispiel in der Susannenstraße. Hier sollen Parkbuchten aufgepflastert und für Außengastronomie genutzt werden.