Nach dem Diebstahl des Störtebeker-Kopfes aus dem Museum hat die Polizei einen Verdächtigen gefasst. Sein Komplize wird noch gesucht

Neustadt. Die Hells Angels, Fans des "Totenkopf-Klubs" FC St. Pauli oder Satanisten auf der Suche nach Zubehör für dunkle Rituale - je länger der berühmte Störtebeker-Schädel, das wohl älteste und bedeutendste Ausstellungsstück des Museums für Hamburgische Geschichte, verschwunden war, desto wilder wurden die Spekulationen um die möglichen Diebe. Nun stellt sich heraus: die Männer, die das Relikt von hohem ideellen Wert im Januar 2010 stahlen, sind wohl recht profane Gelegenheitsdiebe.

Sven G., 36, und Michail S., 49, hatten das Museum Anfang 2010 laut Polizeiermittlungen eigentlich betreten, um Eintrittsgelder zu stehlen. Beim Anblick des Seeräuberschädels fassten sie dann jedoch, so sagt es Polizeisprecher Holger Vehren, den Entschluss, den Piratenkopf einzustecken und später zu verkaufen. Weg war der Schädel - zunächst spurlos. Nach langen Zeugenbefragungen und einem monatelangen Puzzlespiel waren die Ermittler der Kripo dem kulturhistorisch bedeutsamen Stück und seinem unrechtmäßigen Besitzer dann jedoch so nahe gekommen, dass der ihn im März 2011 schließlich freiwillig bei der Kripo abgab.

Schnell ermittelten die Beamten, dass der Überbringer des Schädels nicht an dem Diebstahl beteiligt gewesen sein konnte. Weitere Ermittlungen führten die Kripo auf die Spur von Sven G., einem wegen Diebstahls, Drogendelikten und Körperverletzung bekannten Mann aus St. Pauli, sowie seinem aus Griechenland stammenden mutmaßlichen Komplizen Michail S. Auch er hat eine Akte bei der Polizei wegen ähnlicher Delikte. Bislang haben die Ermittler keine Anhaltspunkte dafür finden können, dass die Kleinkriminellen für ihren größten Coup doch einen Auftraggeber gehabt haben könnten.

Sven G. schweigt zu den Vorwürfen. Er hat sich einen Anwalt genommen. Nach Michail S. suchen die Beamten weiterhin. "Wir wollen ihm rechtliches Gehör anbieten", sagt Polizeisprecher Vehren. Heißt: Er soll Gelegenheit bekommen, sich zum Vorwurf des Diebstahls in einem besonders schweren Fall zu äußern. Michail S. hat derzeit offenbar keinen festen Wohnsitz.

Das Museum am Holstenwall hatte das mutmaßliche Schädel-Original, das die Ganoven entwendet hatten, nach dem peinlichen Vorfall gegen eine Replik ersetzt. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden verschärft. Ein Mitarbeiter des Museums sagte: "Rund um den Störtebekerschädel gibt es inzwischen deutlich mehr Personal. Außerdem wurde eine neue elektronische Überwachungsanlage eingebaut."

Offenbar war es im Januar 2010 allerdings auch sehr einfach gewesen, den Kopf zu stehlen. Wann genau der Diebstahl stattgefunden hatte, ließ sich damals kaum näher eingrenzen. Zunächst blieb der Vorfall unbemerkt. Später machte man den 9. Januar als mutmaßlichen Tattag aus. Kamerabilder gab es nicht.

Inzwischen ist der Schädel wieder im Besitz des Museums. Wann es zu einem Schädelklau-Prozess kommen wird, ist noch nicht abzusehen.