Die Arbeitslosenquote sinkt in der Hansestadt Hamburg unter acht Prozent. Viele Firmen suchen händeringend nach neuen Arbeitskräften.

Hamburg. Die Suche dauert schon fast ein halbes Jahr. Der Hamburger Computerspieleentwickler Fishlabs will seine 40-köpfige Belegschaft noch in diesem Jahr um bis zu sieben neue Mitarbeiter ausweiten. Dazu soll auch ein erfahrener Spieledesigner mit mehrjähriger Erfahrung für eine Führungsposition zählen. Doch obwohl Hamburg mit 5000 bis 6000 Arbeitsplätzen eine Hochburg in der Computerspielbranche ist, ist es "schon wegen der Konkurrenz untereinander schwer, die Stellen zu besetzen", sagt Marc Morian, Marketingmanager bei Fishlabs.

Die 2004 gegründete Firma, die Spiele für Smartphones und Tablet-Computer entwickelt, ist nur ein Beispiel für ein Hamburger Unternehmen, das händeringend Personal sucht. Auch die Firma Bigpoint, die im Gegensatz zu Fishlabs Spiele für das Internet programmiert, der Krankenhauskonzern Asklepios, die Hochbahn, Airbus oder der Hermes Versand suchen zum Teil mehrere Hundert Beschäftigte und stellen weiter ein. Und die Liste der Unternehmen ist noch länger. "Wenn die Frühjahrssonne und die Konjunktur zusammenkommen, schmilzt die Zahl der Arbeitslosen zusammen", fasste der neue Chef der Hamburger Arbeitsagentur, Sönke Fock, die Situation am Hamburger Arbeitsmarkt zusammen. Erstmals in diesem Jahr liegt die Arbeitslosenquote in der Stadt nach 8,2 Prozent im April mit 7,9 Prozent unter der Acht-Prozent-Marke. Die Zahl von 73 170 Hamburger ohne Job ist um 2602 geringer als im Vormonat und liegt um 1906 unter dem Wert für den Mai 2010.

Auch in den nächsten Monaten rechnet Fock nach einem leichten Zuwachs bei den Arbeitslosen im Sommer wegen auslaufender Lehrverträge mit anhaltend guten Zahlen. "Bis zum Winter könnten weitere 6000 bis 7000 Menschen in Hamburg einen Job finden." Die Zahl der Beschäftigten stieg auch im März - aktuellere Werte liegen nicht vor - um 1,8 Prozent auf 831 900. Bundesweit waren mit 28 Millionen Menschen sogar 2,5 Prozent mehr beschäftigt als im Vorjahresmonat.

Der Aufschwung brachte im Mai auch viele ältere Arbeitslose über 50 Jahre, Ausländer und Schwerbehinderte in Arbeit. In allen Gruppen sank die Zahl der Erwerbslosen zum Vormonat. Fock sprach von einer "erfreulichen Entwicklung". Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Arbeitslosen in den drei Gruppen aber noch gestiegen. Mit Blick auf den Ausbildungsmarkt appellierte Fock an alle Jugendlichen, ihre Chancen auf eine Einstellung zu nutzen. "Weil sich aus Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern immer weniger Kandidaten bewerben, steigen die Chancen für die Hamburger", sagte Fock, der jüngst Rolf Steil an der Spitze der Agentur abgelöst hatte. Derzeit berät die Arbeitsagentur 3191 Jugendliche bei der Suche nach einer Lehrstelle. Demgegenüber stehen sogar 3736 freie Ausbildungsplätze in der Behördenkartei. Allerdings bleibt es schwierig für die Firmen, den für ihre Anforderungen qualifizierten Nachwuchs zu finden.

Um mehr Jugendliche in Ausbildungsplätze zu vermitteln, starteten die Agentur und die Landesinnung des Elektrohandwerks Hamburg gestern eine Kooperation, die Fock gemeinsam mit dem Hauptgeschäftsführer der Innung, Wilfried Röhrig, unterzeichnete. Dabei werden künftig Mitarbeiter von Agentur und Innung ihre Kontakte und Informationen zusammenführen und so versuchen, neue Bewerber für die Handwerksberufe zu begeistern. "Derzeit sind 807 Auszubildende in den knapp 400 Betrieben der Branche. Um den Bedarf zu decken, brauchen wir nun jedes Jahr mindestens weitere 200 Lehrlinge", sagte Röhrig. Die Kooperation sei vor allem darauf ausgerichtet, noch mehr junge Leute für Berufe wie Energie- und Gebäudetechnik oder auch die Automatisierungstechnik zu interessieren. Das Pilotprojekt soll zunächst für sechs Monate laufen und in dieser Zeit 45 Jugendliche für eine Ausbildung in den Mitgliedsbetrieben werben. Geplant ist, die Initiative auch auf andere Handwerksinnungen mit Nachwuchsproblemen auszudehnen.

Gerade das Elektrohandwerk sieht sich bei Auszubildenden in scharfer Konkurrenz mit der aufstrebenden Windenergiebranche, zu der gut 100 000 Mitarbeiter zählen. "Die Handwerksmeister müssen etwas tun", so Röhrig. "Die Situation wird künftig nicht besser."