Neue Geräte kontrollieren den Verbrauch und helfen bei der Energiewende. Pilotversuch von Vattenfall startet in der Hamburger HafenCity.

Hamburg. Es rattert und dreht sich nichts an diesem Stromzähler. Aber etwas bewegt sich doch: der Balken eines Stabdiagramms steigt an und fällt wieder ab, wenn Nadine Kühne eine Lampe ein- und ausschaltet, die neben dem Computerbildschirm hängt. Die Mitarbeiterin von Vattenfall Europe demonstriert damit, dass der "intelligente Stromzähler", den der Hamburger Stromnetzbetreiber hier vorstellt, direkt und gut sichtbar auf die Zu- und Abnahme des Verbrauchs reagiert.

"Das bringt den Kunden mehr Transparenz und kann dazu beitragen, den Verbrauch in einer Wohnung oder in einem Haus deutlich zu senken", sagt Dietrich Graf, technischer Geschäftsführer des Netzservice bei Vattenfall Europe. "Man sieht zum Beispiel sofort den Effekt, wenn Geräte im Stand-by-Modus ausgeschaltet werden." Dieser Tage schreibt das Unternehmen Haushalte in der HafenCity an. In einem Pilotprojekt bietet Vattenfall Europe an, insgesamt 150 Wohnungen für eine einmalige Teilnahmegebühr von 35 Euro mit einem neuen Stromzähler auszustatten. Das Projekt läuft bis Ende 2012.

Die neuen Stromzähler sollen aber auch einem höheren Zweck dienen. Die Stromversorgung in Deutschland soll mehr und mehr auf erneuerbare Quellen umgestellt werden - einen großen Teil davon wird die Windkraft beitragen. Heutzutage werden Kohle-, Gas- oder Atomkraftwerke hochgefahren, wenn der Stromverbrauch steigt. Das ist mit erneuerbaren Energien nur eingeschränkt möglich.

Damit das künftige Versorgungssystem funktioniert, muss sich auch der Verbrauch verändern. Denn die Ausbeute aus Wind- und Sonnenkraftwerken schwankt mit den Witterungsverhältnissen und Tageszeiten. Speichertechnologien werden in Zukunft wohl einen Teil dieser Schwankungen ausgleichen können. Aber zusätzlich muss auch der Verbrauch an das wechselnde Angebot besser angepasst werden. "Intelligente Zähler sind die technische Voraussetzung für die angebotsorientierte Abnahme von erneuerbaren Energien", sagt Pieter Wasmuth, Generalbevollmächtigter von Vattenfall für Hamburg und Norddeutschland.

Das Unternehmen bietet zwei Varianten des neuen, digitalen Stromzählers an: Der Kunde kann den Verbrauch per Datenübertragung vom Fernseher, iPhone oder iPod Touch ablesen. Enthalten ist dabei auch eine Anzeige des jeweils aktuellen Verbrauchs. Die Alternative dazu ist die Sendung der Daten per Internet an ein Onlineportal von Vattenfall Europe. Hier wird zwar nicht der aktuelle Verbrauch angezeigt, dafür aber rückblickend die Werte von bis zu einem Jahr. Den Zugang zu den Daten erhält der Kunde mithilfe eines Passworts in einem Onlinemenü.

Moderne Stromzähler sind nur ein erster Baustein hin zu einer genauer gesteuerten Stromversorgung. Haushaltsgeräte müssen künftig wohl oft so eingestellt werden, dass sie dann laufen, wenn Wind oder Sonne absehbar große Erträge liefern. Mehr als heute werden dann womöglich auch die Nachtstunden zu Arbeitsstunden für Waschmaschine oder Geschirrspüler - wenn die Geräuschdämmung der Geräte entsprechende Fortschritte macht.

Bereits seit Anfang 2010 müssen in Deutschland in Neubauten oder bei großen Renovierungsarbeiten "intelligente Stromzähler" installiert werden. Die Europäische Kommission will bis zum Jahr 2020 rund 80 Prozent aller Haushalte in der EU damit ausgestattet sehen. Die Umsetzung hängt aber stark von den Mitgliedstaaten ab.

Die Einführung der neuen Stromzähler bringt jedoch nicht nur Vorteile. "Grundlegend ist das eine gute Sache, um zu einer effizienteren Stromversorgung zu kommen", sagt Jörg Huber von der Verbraucherzentrale Hamburg. "Aber es kann natürlich auch ein weiterer Schritt hin zum gläsernen Menschen sein. Denn der Verbleib und die Sicherung der Stromverbrauchsdaten bei den Versorgern ist ja noch gar nicht geklärt." Auch müsse darüber diskutiert werden, ob Stromversorger Nachfragespitzen in einzelnen Haushalten künftig nutzen könnten, um dann teureren Strom zu verkaufen. "Denn sonst", sagt Huber, "können die Vorteile dieses Systems schnell zu Nachteilen werden."