Manfred Steffny, 69, startete zweimal bei Olympia und gibt das Fachmagazin “Spiridon“ heraus

1. Hamburger Abendblatt:

Der Hamburg-Marathon hat mit einem Teilnehmerschwund zu kämpfen. Was läuft falsch?

Manfred Steffny:

Wir verzeichnen schon seit 2005 einen allgemeinen Rückgang im Marathonbereich. Die Zahl der Finisher bei den Läufen in Deutschland ist in diesem Zeitraum von 150 000 auf 117 000 gesunken. Der Boom im Marathon ist vorbei, die jungen Leute wenden sich anderen Sportarten zu - Triathlon, Radtouristik etwa. Die Altersklasse der 20- bis 29-Jährigen gehört inzwischen zu den Schwächeren. Ein Nachwuchsproblem ist unverkennbar. Unabhängig davon ist eine Rückkehr zum Apriltermin zwingend notwendig, um nicht mit den kleinen Kirmesrennen zu kollidieren.

2. Insbesondere bei den Frauen wäre noch Steigerungspotenzial vorhanden, der Anteil stagniert bei 20 Prozent. Warum?

Steffny:

Der Anteil ist zwar im Vergleich zu den 80er-Jahren gestiegen, allerdings langsamer als in anderen Ländern. In den USA zum Beispiel beträgt der Anteil der Frauen teilweise über 50 Prozent. Offenbar scheuen die Frauen hierzulande die lange Distanz. Im Halbmarathon etwa ist, grob geschätzt, jeder dritte Teilnehmer eine Frau.

3. Sollte der Hamburg-Marathon reagieren und andere Strecken ins Programm aufnehmen?

Steffny:

Die Teilnehmerzahl würde dadurch zwar auf einen Schlag steigen. Auf der anderen Seite wäre das eine Verwässerung des Wettbewerbs. Potenzial sehe ich noch bei den Marathonstaffeln, die man wesentlich attraktiver gestalten könnte, und bei der Einbindung von Unternehmen. Die Firmenläufe boomen bundesweit.

4. Der Marathon muss bekannte Läufer verpflichten, um für Sponsoren und Fernsehen attraktiv zu werden, andererseits die Masse zufriedenstellen. Wie lässt sich dieser Spagat bewältigen?

Steffny:

Ein Haile Gebrselassie fasziniert nicht nur die Zuschauer, sondern auch die Masse der Läufer. Aber solche Identifikationsfiguren gibt es wenige. Ansonsten sind die afrikanischen Spitzenläufer leider austauschbar wie die Tänzer des Bolschoi-Balletts.

5. Sie haben vor zwei Jahren den Roman "Laufbahn am Limit" vorgelegt, in dem es um Doping und Manipulation geht. Wie nahe kommt das der Realität des Marathonsports?

Steffny:

Die Europameisterschaft in Barcelona hat gezeigt, dass das Problem existiert. Zumindest die Europameisterin aus Litauen wurde inzwischen des Dopings überführt. Was die Afrikaner betrifft: Es mag Läufer geben, die gedopt wurden, um als Hasen durchzuhalten, und am Ende gewonnen haben. Aber das ist sicher die Ausnahme.