Ein Glossenplagiat von Nico Binde

Gemieden, tiefergelegt, unterdrückt: Die Fußnote hat's nicht leicht. Ständig steht sie im Schatten viel größerer Buchstaben, wird skrupellos an den Rand gedrängt und muss auf fremdes geistiges Eigentum verweisen. Sie gilt als Kellerkind akademischer Schriften, manchmal wird sie wegen all ihrer Selbstlosigkeit auch ganz vergessen. Kurz: Sie führt ein Leben mit Frustrationshintergrund.

Erst im Zuge der Plagiatsaffäre um Karl-Theodor zu Googleberg (1.) wurde die Fußnote wieder populär. Bis dato teilte selbst das Wort Fußnote das Schicksal von Moratorium oder Brückentechnologie, lagerte achtlos auf dem Gelände des Wortstoffhofes (2.) direkt neben Altlastvokabeln wie Humankapital oder Oheim. Nur in äußersten Notfällen wurde die Fußnote reaktiviert und in Texte geschraubt, die niemand las.

Doch jetzt gräbt sie sich beharrlich aus ihrer Schattenexistenz ans Licht. Denn schon wieder nahm es eine bekannte Akademikerin nicht so genau mit den Quellenangaben, flirtete mit Bruder Leichtfußnote. So litt wohl auch Dr. strg.C Veronica Saß, Tochter von Edmund Stoiber, an Abschreiberitis. (3.) Mehrere Seiten ihrer Doktorarbeit seien ge-strg-c-t (4.), und zwar bei einer Hamburgerin.

Gleichwohl muss Frau Dr. Saß nicht mit Sympathieverlusten rechnen. Das Ansehen von Kopierminister Guttenberg hat Umfragen zufolge auch nicht gelitten, was mit einer tiefen Sehnsucht der Deutschen nach italienischen Verhältnissen erklärt wird. (5.) Oder damit, dass viele die Fußnote noch immer mit dem strengen Odeur alter Tennissocken verwechseln.

(1.) Vgl. taz, 17.2.2011

(2.) Vgl. Hacke, Axel: Wortstoffhof, 2008

(3.) Vgl. taz, 31.3.2011; (4.) Ebd.

(5.) Vgl. Titanic.de, 23.2.2011